Übersetzung: Die Strategie der Frauenrevolution und die Frage des Bündnisses mit dem proletarischen Mann

Aus: Klassenkampf Ausgabe #2

Der folgende Artikel ist eine Übersetzung aus dem Türkischen und stammt aus dem marxistischen Theorieorgan „Marksist Teori“ Ausgabe 61 aus dem Juli-August 2024.

In diesem Artikel werden die strategischen Konsequenzen der programmatischen Ansätze der kommunistischen Avantgarde zum Geschlechterwiderspruch erläutert. Wir werden die Frage der Bündnisse nicht im Sinne von Bündnissen zwischen Frauen verschiedener Klassen und politischer Strömungen analysieren, sondern im Sinne von Bündnissen zwischen den Geschlechtern, innerhalb und außerhalb des binären gesellschaftlichen Geschlechtersystems. Darüber hinaus wird sich unsere Diskussion über Bündnisse nicht auf die bestehenden politischen Kräfte konzentrieren, sondern auf die sozialen Kräfte und vor allem auf die Kräfteverhältnisse innerhalb der Widersprüche von Geschlecht und Klasse. Die Frage nach den aktuellen Bündnissen zwischen Frauen wird in diesem Artikel nicht behandelt, es sei denn, die Thematik erfordert es, was dem Ziel des Dossiers von „Marksist Teori“ über die „gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Männlichkeit» entspricht.

Die Frage der Bündnisse ist eine Frage der Strategie. Das gilt für die Strategie der Frauenbefreiung genauso, wie für jede andere militärische oder politische Kriegsstrategie. Daher ist unsere Diskussion über Bündnisse in erster Linie eine Diskussion über Strategie und Taktik. Bevor wir das Thema auf den Frauenbefreiungskampf oder allgemeiner auf die Frage der Lösung des Geschlechterwiderspruchs konkretisieren, wollen wir uns einige Grundkenntnisse über die Strategie in Erinnerung rufen.

  1. Das grundlegende Problem der Strategie ist das Problem der Reserven. Mit anderen Worten, die Strategie befasst sich hauptsächlich mit Bündnissen.
  2. Die Strategie ist mit dem Programm verbunden. Bündnisse sind kein Selbstzweck. Für welches Ziel sammelt man Kräfte? Welche Größe, welche Quantität, welche Qualität der Schlagkraft ist notwendig, um dieses Ziel zu erreichen? Daher wird jedes politische Subjekt, ob es sich dessen bewusst ist oder nicht, für seine eigenen Zwecke auf Bündnisse zurückgreifen.
  3. Die Taktik wird im Dienst der Strategie gebildet. Taktische Bündnisse konzentrieren sich auf den Erfolg einer konkreten Schlacht, nicht auf den gesamten Krieg. Taktische Bündnisse werden daher nicht auf dieselbe Weise gebildet wie strategische Bündnisse. Taktische Bündnisse müssen jedoch der Strategie insgesamt dienen.

Die Verbindung zwischen Strategie und Programm

Die kommunistische Frauenbewegung sieht die universelle Notwendigkeit des historischen Bündnisses zwischen dem weiblichen Geschlecht und dem Proletariat gegen das historische Bündnis zwischen Patriarchat und Kapital und erkennt dies als einer der Voraussetzungen für die Verwirklichung der Frauenrevolution an.

Die Strategie und das Bündnisverständnis der kommunistischen Frauenbewegung sind mit ihrem Programm verbunden. Sie erkennt an, dass sich der Frauenbefreiungskampf nicht damit zufriedengeben kann, durch systeminterne Opposition Reformen im System zu erlangen. Deshalb formuliert sie eine Strategie, die auf die Zerstörung des Systems abzielt und legt die Bündniskräfte entsprechend fest.

Die Frage der Reserven richtet sich nach dem Programm, nach dem Horizont des Programms, denn die Kraft, die man mobilisieren möchte, muss mit dem Ziel übereinstimmen. Wofür bauen wir Kräfte auf? Wofür sammeln wir Schlagkraft? Wie groß soll diese Schlagkraft sein? Und welche Kräfte können zu diesem Zweck auf welche Art und Weise gebündelt werden? Wenn ihr zum Beispiel in der Position seid, eine interne Kraft, eine interne Dynamik des patriarchalen Systems zu sein, die für einige Veränderungen kämpft, ohne das System des Privateigentums anzugreifen, kann die Bewegung der Teile, deren Forderungen ihr vertretet, für euch ausreichend sein.

Die Betrachtung des Verhältnisses zwischen dem Proletariat und dem weiblichen Geschlecht als notwendiges Bündnis für die Lösung des Geschlechterwiderspruchs selbst ruft die Reaktion sowohl der traditionell patriarchalen Auffassungen der werktätigen Linken auf der Linie „Frauen und Männer Hand in Hand“ als auch der feministisch-reformistischen Strömungen hervor, die auf der Linie der Unabhängigkeit der Frauenbewegung stehen. Von den beiden Linien, von denen die erste kein Programm zur Lösung des Geschlechterwiderspruchs und die zweite ein Reformprogramm hat, wird vorgeworfen, dass ein solches Bündnis entweder für die Klasse oder für das weibliche Geschlecht spaltend sei.

Die Verbindung zwischen der Frage der Strategie, der Bündnisse und dem Programm führt jedoch dazu, dass die Frage der Bündnisse für jede programmatische Linie anders beantwortet wird. Und das ist nicht unbedingt das Ergebnis bewusster Entscheidungen.

Männlich dominierte revolutionäre Programme und die Frage der Bündnisse

Die traditionelle Linie der werktätigen Linken, die nicht nur die Lösung des Geschlechterwiderspruchs auf die Revolution und den Sozialismus verschiebt, sondern auch den Ansatz verfolgt, dass die revolutionäre Macht, die auf einer groben Gleichberechtigung der Geschlechter beruht, dieses Problem zusammen mit allen anderen Problemen lösen wird (und dies ist das Erbe der internationalen kommunistischen Bewegung bis heute), kommt nicht umhin, patriarchal zu sein.

Programmatisch sieht diese Linie vor, dass eine Revolution, die die Bedingungen für die Abschaffung des Privateigentums schafft, den Weg für die Lösung des Geschlechterwiderspruchs öffnen wird. Abgesehen von den verschiedenen Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Art und Weise, wie diese Lösung zustande kommen soll, behandelt sie auch die politische Organisierung des Herrschaftsverhältnisses zwischen den Geschlechtern auf eine grob gleichmacherische Weise. Unter diesen Bedingungen ist die Frage, wie der Kampf für die Abschaffung des Privateigentums entschlossen fortgesetzt und in Bezug auf andere Aspekte, wie die Geschlechterfrage zu Ende geführt werden kann, ein Problem, das uns nicht nur von der Theorie, sondern auch von den vergangenen Revolutionserfahrungen gestellt wird.

Diese Programme, in denen die Schritte zur Auflösung des Geschlechterwiderspruchs im Programm allenfalls einen begrenzten Platz einnehmen; in denen das Verständnis von Gleichheit letztlich auf der Grundlage von „gleichen Rechten“ beruht, welches nicht auf einem tiefgreifenden Bruch mit dem bürgerlichen Verständnis von Gleichheit basiert und keine umfassende revolutionäre Kritik daran übt; in denen keine umfassenden Eingriffe in die sexistische Familienstruktur vorgesehen sind; in denen grundlegende wirtschaftliche Vorgehensweisen in Bezug auf die Organisierung der Arbeit von Frauen vorgesehen sind, die aber keinen Ansatz für die zu ihrer Umsetzung erforderlichen politischen Mechanismen, ideologischen und politischen Gesetze und Maßnahmen enthalten; und in denen das LGBTI+ Thema völlig ausgeklammert wird, befassen sich auch mit Bündnisbeziehungen im Sinne dieses Ansatzes.

Ungeachtet ihrer Intentionen sind diese Programme patriarchal. Denn jeder plumpe gleichmacherische Ansatz, der den Anteil der Frauen, insbesondere an der politischen Macht, nicht definiert, führt letztlich zur Fortführung bestehender Herrschaftsverhältnisse. Während die Rolle des Privateigentums für die Aufrechterhaltung des Patriarchats anerkannt wird, wird die Rolle des Patriarchats für die Aufrechterhaltung des Privateigentums ignoriert. Die Tatsache, dass die Position des weiblichen Geschlechts im Kampf für die Beseitigung des Patriarchats ihm eine besondere Qualität auch im Kampf für die Beseitigung des Privateigentums verleiht, wird mit einer Verallgemeinerung ignoriert, die nicht nur auf der patriarchalen Mentalität, sondern auch auf dem Reflex der Aufrechterhaltung männlicher Privilegien beruht.

Auch wenn einige dieser Programme zwar unter anderem sehr grundlegende wirtschaftliche Maßnahmen enthalten, wie die Vergesellschaftung der Hausarbeit und gleichen Lohn für gleiche Arbeit, die bei der Schaffung der materiellen Grundlagen der sozialen Umwälzung weiter fortgeschritten sind als die fortgeschrittensten Errungenschaften, die in den gegenwärtigen system-interne Kämpfen erreicht werden können, solange aber das Verhältnis der politischen Herrschaft zwischen Männern und Frauen nicht revolutionär organisiert wird, solange die Sphäre der politischen Herrschaft der Männer nicht eingegrenzt wird und solange dieses politische Verhältnis nicht auf der Basis des kollektiven Geschlechts, sondern auf der Basis des Individuums und auf der Basis einer groben Gleichmacherei organisiert wird, wird die politische Macht ihren patriarchalen Charakter behalten und die Frage, wie und mit welcher Konsequenz diese ökonomischen Maßnahmen angewandt werden, offen bleiben. Mit anderen Worten, ein Bündnisverhältnis zwischen dem weiblichen Geschlecht und dem Proletariat mit definiertem Inhalt, rechtlichem Rahmen und ihre Form sind nicht festgelegt; das weibliche Geschlecht als gesellschaftliche Kraft verschmilzt als Individuum mit dem Proletariat; das weibliche Geschlecht wird der Möglichkeiten seiner eigenen Macht beraubt, und das Proletariat wird der Möglichkeit beraubt, sich aus seiner Situation zu befreien, die durch das bestehende Herrschaftsverhältnis geprägt und durch das Patriarchat verkrüppelt ist. Keine der beiden gesellschaftlichen Kräfte kann ihr revolutionäres Potenzial bis an die Grenzen ausschöpfen.

Im Hinblick auf die aktuellen Aussichten auf die Bündnispolitik dieser programmatischen Ansätze zur Geschlechterfrage sind zwei wesentliche Merkmale hervorzuheben:

Das eine ist das Verhältnis zur Frauenbefreiungsbewegung als Ganzes. Demnach ist der Frauenbefreiungskampf die „demokratische Frauenbewegung“. Sie ist die „Reservekraft“ der Klassenbewegung und der Revolution. Das Verhältnis des weiblichen Geschlechts als gesellschaftliche Kraft zum Privateigentum wird nicht berücksichtigt. Natürlich gibt es eine demokratische Frauenbewegung, die von der kommunistischen Frauenbewegung und der kommunistischen Bewegung im Allgemeinen „als Reserve gewonnen“ werden muss. Aber so wie das Geschlechterproblem kein reines „demokratisches“ Problem ist, kann die Frauenbewegung nicht auf eine Bewegung reduziert werden, die aus der Lösung eines auf ungleichen demokratischen Rechten beruhenden Problems entsteht. Außerdem erklärt ein solcher Ansatz nicht die Existenz einer Frauenbefreiungsbewegung in den bürgerlichen Demokratien von den USA bis Australien oder sogar in einigen Ländern wie den Skandinavischen, die in Bezug auf die Gleichheit der Rechte von Männern und Frauen auf dem Papier, wenn auch mit hundertjähriger Verspätung, in einigen Punkten einen Schritt weiter sind als die Oktoberrevolution. Insbesondere kann sie nicht die Klassenschichtung innerhalb der Frauenbefreiungsbewegung und den darauf basierenden internen Kampf erklären. Denn wenn die Frauenbefreiungsbewegung nur eine „demokratische Frauenbewegung“ wäre, dürften diese Klassendifferenzierungen nicht zu einer solchen Differenzierung der Forderungen und zu solchen internen Kämpfen innerhalb der Bewegung selbst führen.

Die Reduktion der Frauenbefreiungsbewegung auf eine „demokratische Frauenbewegung“ kann dem großen revolutionären Potential der Geschlechterfrage nicht gerecht werden, weder unter den Bedingungen des Kampfes um die Revolution, noch unter den Bedingungen der revolutionären Macht. Eine revolutionäre Macht, die sich auf diesen Standpunkt stellt, kann die Ergebnisse der Revolution nicht in Richtung eines konsequenten, entschlossenen und ununterbrochenen Kampfes für die Zerstörung des Privateigentums voranbringen. Das Patriarchat und die darauf basierende Familien- und Gesellschaftsordnung wird unter den Bedingungen der Revolution selbst zu einem der wichtigsten Pfeiler für die Aufrechterhaltung der Gesellschaft des Privateigentums und sogar für die Zerstörung der revolutionären Macht selbst.

Die zweite ist die Beziehung zur kommunistischen Frauenbewegung (oder, je nach Programm des jeweiligen politischen Subjekts, zur sozialistischen Frauenbewegung, zur revolutionären Frauenbewegung, zur proletarischen Frauenbewegung). Dies wird durch die Losung „Frauen und Männer Hand in Hand“ konkretisiert. Die Frauen sind als Individuen Teil der Klasse und daher als Individuen in der Partei organisiert. Die Organisierung der Frauen in der Partei erfordert demnach allenfalls organisatorische Mittel, die ihre spezifischen Forderungen und ihre besondere Psychologie berücksichtigen, aber da nur durch die Organisierung in der Partei die Gleichberechtigung verwirklicht werden kann, sind die Frauen nur als Individuen und nicht als ein Geschlecht in der Partei. Wenn es einen Bedarf nach einer Frauenorganisation gibt, ist sie nur notwendig, um „andere Frauen“ zu organisieren. Da diese Arbeit am besten von Frauen geleistet werden kann, muss diese Arbeit von Frauen der Partei durchgeführt werden. Folglich ist das Verhältnis zwischen den in diesen Reihen organisierten Frauen nicht das einer organisatorischen und programmatischen Einheit, sondern das einer „Solidarität“ in ihrer fortgeschrittensten Form. Sie beruht nicht auf einer Vereinheitlichung auf programmatische Ziele und einer kollektiven geschlechtsspezifischen Positionierung, sondern auf einer Gemeinsamkeit der Probleme und der individuellen Positionierung.

So ist der Kampf für die Befreiung der Frau „demokratischer“ Natur und steht mit diesem im Zusammenhang und da die Partei ja „demokratische Rechte“ anerkennt, endet der Kampf für Demokratie und Geschlechterorganisierung in der Partei. Es gibt keinen Geschlechterkampf, der darüber hinausgeht.

Das Gleiche gilt für die Organisierung der politischen Macht. Die Lösung der Geschlechterfrage liegt in der Revolution und im Sozialismus, die „demokratische“ Frage endet mit der Verwirklichung der „Demokratie“. Danach besteht sie in der Beseitigung der Rückständigkeiten, die sich in der Gesellschaft in Abwesenheit der Demokratie gebildet haben, und in der Organisation der Wirtschaft, um diese reaktionären Tendenzen zu beseitigen. Aber die Frage der politischen Herrschaft ist, bis die Revolution ihre eigenen Grenzen erreicht hat, gelöst.

Sie klammert aus der Frage der politischen Herrschaft den notwendigen Kampf zwischen Mann und Frau aus, der auf der Existenz des Privateigentums beruht und in dem das weibliche Geschlecht als soziale Kraft mit einem größeren Interesse an der absoluten Abschaffung des Privateigentums eine konsequentere revolutionäre Position einnehmen wird. Dies führt nur zu einer patriarchalen Form der politischen Herrschaft, die objektiv zugunsten der Männer ausfällt.

Das Problem besteht darin, dass das Patriarchat zwar seine widersprüchliche Einheit mit dem Kapital aufrechterhält, das Patriarchat aber nicht mit dem Kapital gleichzusetzen ist; der Kampf gegen das Patriarchat erfordert den Kampf nicht nur gegen die Bourgeoisie, sondern gegen die Vorherrschaft des männlichen Geschlechts in allen Klassen. Und die Abschaffung der sexistischen Gesellschaft, die auf der Herrschaft des Mannes und der Versklavung der Frau als der ersten gesellschaftlichen Arbeitsteilung der Geschichte durch das Privateigentum beruht, ist nicht einfach eine Frage der Demokratie und der Gleichberechtigung. Dies ist der Anspruch der Bourgeoisie, und ein revolutionäres Programm darf dieses Problem nicht einfach als „eine der demokratischen Aufgaben, die die Bourgeoisie nicht erfüllt hat“ übernehmen, sondern muss darüber hinausgehen.

Das Verhältnis von Feminismus und Antikapitalismus, die Linie der Reformen und die Frage des Bündnisses

Laut der reduktionistischen und verallgemeinernden Kritiken der feministischen Bewegung an der sozialistischen Frauenbewegung, von denen einige inzwischen fast so wiederholend sind wie die Verallgemeinerung „der Feminismus ist falsch, weil er sich nicht um die Klasse kümmert“, sehen Kommunist:innen die feministische Bewegung als reformistisch an, weil sie sie nicht an ihrer Haltung gegenüber dem Patriarchat, sondern an ihrer Haltung zum Kapitalismus messen und ihr keinen revolutionären Charakter zuschreiben, solange sie sich nicht im Kampf gegen den Kapitalismus bewährt. Dementsprechend ist es falsch, die Definition des Begriffs „revolutionär“ an den Kampf gegen den Kapitalismus zu knüpfen, und die Frauenbewegung einer Art antikapitalistischem Test zu unterziehen, um ihre Eignung zu beweisen, es sollte als ein Versäumnis angesehen werden, die Forderungen und den Kampf der Frauen als solches anzuerkennen.

Es stimmt, dass der Feminismus, oder genauer gesagt, die Kämpfe der Frauen, die ideologisch oder politisch-praktisch vom Feminismus geführt werden, nicht revolutionär sein können, solange die Kämpfe nicht antikapitalistisch sind, und die Karikatur dieser Tatsache lässt sie nicht verschwinden. Die Konsequenz aller Kämpfe in der kapitalistischen Ordnung wird von der Lebensrealität immer wieder aufgefordert, sich auf dem Boden des Antikapitalismus zu bewähren, und die Absorption aller Kräfte in das System, die auf diesem Boden nicht bestehen können, ist eine Tatsache, deren Realität in der Geschichte aller Kämpfe immer wieder gesehen werden kann. Dennoch kann eine solche Vorannahme, eine solche Reduktion in abstrakter, rein theoretischer Hinsicht als falsch erkannt werden. Wenn das Leben es nur zuließe! Dieser Ansatz lässt sich immer wieder überprüfen, sei es an den Erfahrungen der Vergangenheit oder an den konkreten Kämpfen der Gegenwart, und es wird sich in jedem Fall zeigen, dass er letztlich richtig ist.

In einem bestimmten Land, in der Geschichte, unter bestimmten sozialen Bedingungen, können Kämpfe, die sich über nationale, sexuelle usw. Widersprüche erheben, die keinen antikapitalistischen Charakter haben oder extrem schwach sind, durchaus revolutionär sein. Im Falle der sexuellen Widersprüche ist der Spielraum dafür extrem eng, aber theoretisch möglich. Aber das ist immer nur vorübergehend und provisorisch.

Die Notwendigkeit des “Heranreifens” im Kampf gegen den Kapitalismus ergibt sich nicht aus einem einfachen Vergleich des Geschlechterwiderspruchs mit dem Klassenwiderspruch, aus der Annahme der Überlegenheit des letzteren gegenüber dem ersteren aufgrund einer Vorliebe, einer subjektiven Haltung des “Kümmerns”; sie ist eine notwendige materielle Folge der Art und Weise, wie sich die ökonomisch-soziale Struktur und die Herrschaftsmittel, insbesondere das Patriarchat, auf dieser Struktur bilden, mit anderen Worten, sie ist eine Zwangsläufigkeit, die sich aus dem materiellen Grund des Geschlechterwiderspruchs selbst ergibt.

Es geht nicht darum, ob man “willens” ist, zur Lösung des Klassenwiderspruchs beizutragen, ob man sich für die Lösung des Klassenwiderspruchs einsetzt oder nicht, sondern ob man “willens” ist, den Geschlechterwiderspruch auf revolutionäre Weise zu lösen. Objektivität und materielle Bedingungen statt Präferenzen verbinden den Antikapitalismus und die Ebene, die die revolutionäre Lösung des Geschlechterwiderspruchs beinhaltet, nicht die reformistische Lösung einzelner Probleme, die sich aus dem Geschlechterwiderspruch ergeben, die die Einschränkung, Umwandlung und Glättung der patriarchalen Ordnung stückweise beinhaltet.

Die patriarchale Ausbeutung beruht, wie viele feministische Bewegungen erkennen, letztlich auf dem System des Privateigentums. Das Maß des Revolutionärsein hängt davon ab, ob Ihr Kampf auf dem Ziel beruht, die auf dem Privateigentum basierende Gesellschaftsordnung, im gleichen Sinne das Patriarchat, zu stürzen, oder ob er auf den Zielen der Fesselung, Zerkleinerung, Begrenzung usw. beruht. Die hauptsächliche „Reduzierung” besteht darin, das Problem der Überwindung des Privateigentums in der Reformismus-Revolution-Debatte auf die Überwindung des Kapitalismus zu „reduzieren“ und sich damit vom Kern des Problems zu entfernen. Außerdem kann die Frage des Antikapitalismus nicht einfach auf die Klassenfrage reduziert werden. Ist der Kampf gegen diesen oder jenen Angriff des Kapitals ein und dasselbe wie der antikapitalistische Kampf? Nein, ganz und gar nicht. Ist jeder Kampf für eine Lohnerhöhung notwendigerweise von dem Subjekt aus ein antikapitalistischer Kampf? Nein, das ist er nicht. Da alle Kämpfe für die wirtschaftlichen und demokratischen Rechte der Arbeiter:innen, der Klasse, gegen die Kapitalist:innen geführt werden, sind sie auch antikapitalistisch? Ist er revolutionär? Steht er außerhalb des Systems? Nein, das ist er nicht.

Kommunist:innen kritisieren den Feminismus in erster Linie als eine system-interne politische Strömung, als Reformismus, ja. Wenn man dies einfach damit verbindet, dass man den sexuellen Widerspruch als zweitrangig und den Klassenwiderspruch als primär ansieht, kann man die Situation nur karikieren. Kommunist:innen betrachten auch den Ökonomismus und den Syndikalismus als reformistisch. Aber es gibt keine „klassengebundenere” Haltung als diese!

Aber warum sollte man den gewerkschaftlichen Reformismus und den feministischen Reformismus unterschiedlich behandeln? Im Gegenteil, bedeutet die Behandlung des Gewerkschaftsreformismus als ernsthaftes Problem und die Betrachtung des geschlechtsspezifischen Reformismus als zweitrangig nicht, dass die Kämpfe, die sich um den sexuellen Widerspruch herum entwickeln werden, in eine zweitrangige Position gedrängt werden?

Es kann durchaus sein, dass die Arbeiter:innen in einer oder mehreren Fabriken z. B. für eine Lohnerhöhung, für die Erlangung von Gewerkschaftsrechten, für die Regelung der Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung aller Erfordernisse der Gesundheit der Arbeiter:innen kämpfen und diesen Kampf gewinnen. Wir behaupten nicht, dass durch einen syndikalistischen Kampf, geschweige denn durch einen gewerkschaftlichen, keine Erfolge erzielt werden können. Im Gegenteil, wir behaupten, dass dies möglich ist. Wir nehmen an solchen fragmentierten Kämpfen teil.

So wie die Bewegung der Arbeiter:innenklasse als reine Arbeiter:innenbewegung ihre revolutionäre Rolle nicht spielen kann, so wie die auf die Arbeiter:innenklasse reduzierte Klassenbewegung zwangsläufig reformistisch sein wird, haben wir wiederholt gesagt, dass die reine Frauenbewegung ebenso reformistisch ist wie die reine Arbeiter:innenbewegung. Feminismus und Syndikalismus sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich. In einer Hinsicht ist der Feminismus als eine unabhängige, reine Frauenbewegung eine Art Syndikalismus des weiblichen Geschlechts. Er ist eine geschlechtsspezifische Version des Syndikalismus und des Ökonomismus.

So ist die Ähnlichkeit einer auf Körperpolitik oder Gewalt gegen Frauen verengten Linie, die keine wirksame Beziehung zu anderen sozialen Kämpfen und anderen Folgen des Geschlechterwiderspruchs herstellt und sich mit der Opposition der Frauen allein begnügt, anstatt nach einem Weg zu suchen, einen möglichst breiten Teil der Gesellschaft in diesen Problemen zu mobilisieren, mit einer auf Lohnkämpfe verengten Arbeiter:innenbewegung auffällig. Es liegt jedoch in der Natur des Problems, dass der gewerkschaftliche Reformismus, da die Form der Ausbeutung von Arbeiter:in zumindest auf der Ebene der Fabrik und der Werkstatt stattfindet, den Arbeiter:in auf eine breitere „soziale“ Zusammensetzung verengt, während die patriarchale Ausbeutung auf der häuslichen Ebene stattfindet (und wir meinen nicht nur das Haus und die häusliche Sklaverei, sondern auch die Liebe, die Familie, alle Bereiche der Eins-zu-eins-Beziehung mit dem Mann), so dass die Verengung der Geschlechterfrage einen noch größeren Raum für Individualismus und Isolation lässt.

Obwohl der Kampf um die Veränderung der Familien- und Gesellschaftsordnung einer viel größeren gesellschaftlichen Umwälzung entspricht als der Kampf um den Sturz der politischen Macht, kann der Kampf um diese Frage nicht „allein an sich selbst” revolutionär sein. Er kann nicht revolutionär sein, nur weil er auf dem Boden steht und die Schärfe seiner Forderungen hat. Er kann auch nicht revolutionär sein, wegen der Schärfe der Mittel und Formen des Kampfes. Egal, wie stark der praktisch-legitime Widerstand ist, den man organisiert, egal, wie scharf man auf intellektueller Ebene definiert, man darf nicht die wichtigsten Grundlagen des Patriarchats vergessen, die bürgerlich-patriarchale politische Macht, den Staat, der patriarchale Gesetze erlässt, die Institutionen, die sie umsetzen, die Gerichte und den Justizapparat, das Militär, Polizei und andere Gewaltapparate; und wenn man diese nicht die zerschlägt, wenn man nicht das Großeigentum angreift, den ökonomischen Lebensnerv der häuslichen Sklaverei und der Lohnsklaverei, wenn man nicht die ökonomischen Mechanismen in Beschlag nimmt, durch die alle Ideologie produziert wird, von der Bildung bis zur Kultur, kann man nicht einmal ansatzweise radikale Schritte zur Abschaffung des Patriarchats unternehmen. Die „Feminisierung“ dieser Mechanismen ist nicht möglich; wenn ihr nicht über die Mittel und die Organisation des Kampfes verfügt, die stark genug sind, um sie zu stürzen, habt ihr auch nicht die Macht, sie zu „feminisieren“. Eure Forderungen werden entweder durch Unterdrückung und Gewalt unterdrückt, oder sie werden verpackt, in Flaschen abgefüllt, und im Räderwerk desselben Mechanismus zu Waren gemacht und in den Dienst derselben Ordnung gestellt. Die sozialen Versöhnungsschleier über dem Geschlechterwiderspruch werden allmählich verschwinden, der Geschlechterwiderspruch wird mehr und mehr einen Klassencharakter annehmen, er wird mehr und mehr zum Problem der Armen werden.

Kurz gesagt, der Kampf für die Befreiung der Frau oder, weiter gefasst, für die sexuelle Befreiung, für die Beseitigung der sexistischen Gesellschaft, basiert entweder auf der Beseitigung des Privateigentums oder eben nicht. Wenn er sich darauf stützt, zielt er auf den Sturz der politischen Kräfte und des politischen Systems ab, die es stützen, und damit auch auf die Herrschaft des Kapitals. Um ihn zu stürzen, kämpft man entweder für die Zerschlagung der wirtschaftlichen und politischen Mittel, auf denen er beruht, und für die Errichtung einer anderen Gesellschaftsordnung an seiner Stelle, oder man kämpft für die teilweise Umwandlung dieses Systems in sich selbst, wobei die Grundfesten dieses Systems bestehen bleiben. Das ist das Thema unserer Diskussion über Reformismus und Revolutionärsein. Auch wenn die Frauenbewegung für ihre eigene Befreiung und nur für ihre eigene Befreiung kämpfen will, aber nicht für die allmähliche und partielle Umwandlung des Patriarchats durch Reformen, sondern für seine Zerstörung, kurz gesagt, nur für ihre eigene revolutionäre Befreiung, steht sie dem Kapitalismus gegenüber, denn objektiv ist der Kapitalismus die bestehende Form der privatwirtschaftlichen, patriarchalen Ordnung. Gerade deshalb sind ein bedeutender Teil der Feministinnen, auch wenn sie auf antikapitalistischer Grundlage stehen oder sich an antikapitalistischen Kämpfen beteiligen, immer noch Reformistinnen, denn ihr antikapitalistischer Kampf findet nicht auf revolutionärer Grundlage statt, sondern in der Form der Begrenzung und Politisierung der Ordnung. Kurz gesagt, der Feminismus wird nicht reformistisch, nur weil sein „Gegenstand ein anderer ist“. Er wird reformistisch, je nachdem, auf welche Art von gesellschaftlicher Umwälzung sein Kampf in dieser Frage abzielt. Es ist auch demagogisch, eine revolutionäre, kommunistische Frauenbefreiungslinie einfach durch die Verallgemeinerung „auf Antikapitalismus zu reduzieren“ zu beurteilen und die kommunistische Frauenbewegung zu verurteilen, indem man ihr eine Art „Geschlechter-Kollaborationismus“ zuschreibt. Die Frauen der Arbeiter:innenklasse können nicht erwarten, dass ihre Forderungen, die Gegenstand des Kampfes für die sexuelle Befreiung sind, nach und nach zur Ware gemacht werden, und dass dann ihre Produktion so weit sozialisiert wird, dass auch die Ärmsten sie kaufen können und die Produkte billiger werden. Wenn es ein Jahr dauert, bis sie die Frauen der höchsten Klassen erreichen, wird es hundert Jahre dauern, bis sie die Frauen der untersten Klassen und Schichten erreichen, wenn sie sie überhaupt erreichen. Sie können dies auch mit sehr konkreten historischen Daten überprüfen. Der Unterschied zwischen der Geschwindigkeit, mit der das Recht auf eine Kindertagesstätte (oder das Recht, die Arbeitskraft einer weiblichen Betreuungsperson zu Hause zu nutzen) eine europäische Frau aus der Mittelschicht erreicht, und der Geschwindigkeit, mit der es eine indische Frau aus der Arbeiter:innenklasse erreicht (und selbst wenn man diese Zahl berechnet, von der wir nicht wissen, wie viele Jahre sie brauchen wird, da sie noch nicht verwirklicht wurde, indem man die letzten hundert Jahre betrachtet, seit die Forderung nach dem Recht auf eine Kindertagesstätte erhoben wurde, ist das Bild klar), man kann dies auf alle Bereiche ausdehnen, von der Kommodifizierung des Rechts auf Abtreibung, wo immer sie legal ist und wo nicht, bis hin zur Gleichheit im Bildungswesen, und man hat noch nicht einmal die Frage des gleichen Lohns für gleiche Arbeit berührt, denn letzteres ist nirgendwo und auf keiner Ebene erreicht worden. Das Gleiche gilt für alle Bereiche des „Mentalitätswandels“. Einen grundlegenden, gesellschaftlich bedeutsamen Mentalitätswandel könnt ihr nur realisieren, wenn ihr die Großproduktion von Bildung und Kultur unter die kollektive Kontrolle des weiblichen Geschlechts bringt. Solange das nicht so ist, kann man diesen Wandel nicht so organisieren, dass er die Massen der armen und arbeitenden Frauen erreicht, die diesen Wandel am dringendsten brauchen. Die armen und arbeitenden Frauen, die rassistisch und national unterdrückten Frauen, werden die Letzten in der Reihe sein, was sie nicht sein können. Aufgrund des Charakters der kapitalistischen Ordnung kann sich die Sozialisierung auf diese Weise, abgesehen von ihrer Geschwindigkeit, niemals so entwickeln, dass sie alle Bedürfnisse abdeckt und alle Frauen erreicht.

Dieser Widerspruch kann und wurde von bürgerlichen Ansätzen als die “innere Farbe” des Feminismus gesehen, aber das ist nicht der Fall. Frauen aus der Arbeiter:innenklasse und den unterdrückten Völkern können nicht darauf warten, dass einzelne Reformen sie erreichen. Das ist etwas für das Kleinbürger:innentum und die höheren Klassen, die die Möglichkeit haben, die Übergangszeit mit einem Dach über dem Kopf und unter relativ tragbaren Bedingungen zu verbringen. Der Feminismus war nie in der Lage, einen Ausweg aus diesem Widerspruch zu finden, er war nie in der Lage, ein Kampfprogramm zu definieren, das diesen Widerspruch einschließt, denn dieser Widerspruch ist ein antagonistischer Widerspruch.

Der Frauenbefreiungskampf muss sich zur Revolution hin öffnen, zum Sturz der bestehenden politischen Macht. Also nein, wir versuchen nicht, ein separates Feld des Kampfes gegen den Kapitalismus durch die Frauen zu eröffnen. Wir versuchen, den Kampf gegen den Kapitalismus als Frauen und für Frauen zu entwickeln, und nicht nur für arbeitende Frauen und nicht nur für die Gleichheit auf der Ebene der Fabrik und des Arbeitsplatzes.

Von diesem Punkt aus können wir nun die feministische Behandlung der Frage der Bündnisse betrachten.

Auch hier ist die Bündnis- und Strategiefrage unmittelbar mit programmatischen Ansätzen verknüpft. Die herausragenden Merkmale sind hier Strategielosigkeit, Eigenständigkeitdenken und Intersektionalität.

Betrachten wir zunächst die Tatsache der Strategielosigkeit. Der herausragende Ansatz in den Reihen der Feministinnen ist das Fehlen eines konkreten Programms oder einer konkreten Strategie. Da eine mehr oder weniger ganzheitliche gesellschaftliche Transformation nicht angestrebt wird, da es gilt, eine “Inner Farbe”, eine “Innere Opposition” der patriarchalen Ordnung zu bleiben, tritt die Strategielosigkeit in den Vordergrund. Entsprechend ist auch die Bündnispolitik geprägt. Punktuelle Reformkämpfe sind zwangsläufig taktische Kämpfe und laufen über taktische Bündnisse.

Kämpfe für rechtliche Reformen wie das Gesetz, das Justizsystem, die Umgestaltung der Familie, die Politik der Sexualität und des Körpers, das Recht auf Abtreibung, das Recht auf Scheidung sowie Kämpfe für Forderungen zur Begrenzung der Armut und der Auswirkungen des Kapitalismus auf Frauen gehen natürlich nicht über die Position der system-internen Opposition hinaus. Abgesehen davon, dass der eine oder andere dieser Kämpfe der wichtigste ist, sind sowohl die Selbstorganisation der Frauen als auch die konkreten Kämpfe und Bündnisbeziehungen eingeschränkt und zeitlich begrenzt, selbst wenn es sich um den ganzheitlichsten oder kontinuierlichsten Kampf handelt. Absolute Unabhängigkeitskonzepte, bei denen das männliche Geschlecht und gemeinsame Organisationen (“gemischte Organisationen” im feministischen Sinne) von Kämpfen, die Geschlechterwidersprüche beinhalten, völlig ausgeschlossen werden, sind einer der führenden Ansätze. Vor allem in den Kämpfen der Mittelschicht ist diese Linie stärker ausgeprägt und kompromissloser.

Die extremste Form dieses Ansatzes ist der TERF-Ansatz, bei dem sogar die LGBTI+ Bewegung, unter Ausschluss von Schwulen und trans Personen, nicht als Bündnis angesehen werden kann. Zumindest entsteht ein Zögern und eine Unentschlossenheit, was die Ganzheitlichkeit des sexuellen Widerspruchs angeht. Anstatt die Reihen des sexuellen Widerspruchs mit einer bestehenden LGBTI+ Bewegung zu erweitern, manifestiert sich eine Apolitisierung, ein Intellektualismus und ein Elitismus, der so weit geht, sich auf Wege zur Spaltung dieser Bewegung zu konzentrieren, wie in den Diskussionen über die Bündnisse mit LGBTI+ Personen.

Ein Programm der zersplitterten system-internen Opposition erfordert entweder anarchistische, autonome, bewusstseinsbildende, kollektive Brüche und Entpatriarchalisierung oder lose Netzwerkorganisationen auf der Basis von feministischem “Aktivismus” in Form von Aktionsbündnissen (in der Geschichte des Feminismus haben sich weitaus fortgeschrittenere Organisationsformen herausgebildet, darunter auch politische Parteien, die Gegenstand einer eigenen Studie sind, wir beschränken uns hier aber auf die derzeit dominierenden Strömungen).

Die Grundlage für die Selbstorganisation von Frauen im Feminismus ist nicht in erster Linie Einigkeit, sondern Solidarität. Dies ist zweifellos fortschrittlich, da es sowohl eine Form als auch ein Produkt der Vergesellschaftung im Problem der Geschlechter ist, die auf der Grundlage der häuslichen Sklaverei unterdrückt werden, wo Unterdrückung und Ausbeutung im Wesentlichen häuslicher Natur sind und sich auf der Grundlage von Familie und Beziehungen entwickeln. Aber in dieser Form ist es auf jeden Fall keine Form des revolutionären Kampfes gegen das Patriarchat, sondern eine Form der kollektiven Existenz der system-internen Opposition.

Was die Bündnispolitik der heutigen feministischen Bewegung betrifft, so ist der offensichtlichste und wichtigste Trend die Intersektionalität. Intersektionalität ist heute sowohl in der Frauenbewegung als auch in der LGBTI+ Bewegung eine stark entwickelte Tendenz. Eine wichtige Quelle des Intersektionalismus entwickelte sich als interne Kritik schwarzer Feministinnen aus den linken, werktätigen und unterdrückten Reihen an den dominanten feministischen Strömungen, die Ethnie und Klassenwidersprüche ignorierten. In dieser Zeit spielte sie eine fortschrittliche Rolle innerhalb der feministischen Bewegung, indem sie die Aufmerksamkeit auf Rassismus, Armut, Fragen der Arbeiter:innenklasse und den gemeinsamen Kampf der Frauenbewegung mit der antirassistischen politischen Bewegung gegen den weißen Feminismus der Mittelschicht lenkte. Seitdem hat sich der Intersektionalismus innerhalb der Frauenbewegung rasch ausgebreitet und ist heute eine der dominierenden Tendenzen. Ein Aspekt der Tendenz zur Intersektionalität ist nach wie vor durch den Wunsch und die Ausrichtung auf einen ganzheitlicheren Kampf gegen die patriarchalische kapitalistische Ordnung, den Imperialismus, die nationale und rassistische Unterdrückung gekennzeichnet. Ein weiterer Kanal sind postmoderne, individualistische und unpolitische Konzeptionen von Intersektionalität. Der Postmodernismus, der auf der totalen Ablehnung von Ganzheitlichkeit, Geschichtlichkeit, Kausalität und Universalität beruht, interpretiert die Intersektionalität in einem anderen Kontext neu. Demnach ist Unterdrückung für jedes Individuum einzigartig. Der Kampf, wenn er überhaupt als «Kampf» definiert werden soll, ist individuell und kulturell. Die Behandlung von Individuen als kollektive soziale Kräfte ist eine weitere Form der Produktion von Unterdrückung und Ausbeutung. Letztendlich gibt es ihrer Meinung nach keine Verbindung zwischen den Kämpfen gegen Sexismus, gegen Heterosexismus, gegen Kapitalismus, gegen diese oder jene konkrete rassische Unterdrückung, gegen diese oder jene konkrete nationale Unterdrückung. Sie sind Gegenstand von separaten Kämpfen. Sie müssen autonom gemacht werden. Je mehr sich die Kampffelder autonomisieren, je mehr die Formen der Unterdrückung und Ausbeutung als autonom angesehen werden, desto mehr wird die Besonderheit und Einzigartigkeit der individuellen Erfahrung erreicht. Und zwar so, dass kollektive Kämpfe und kollektive Programme völlig abgelehnt werden und Positionen eingenommen werden, die ausschließlich auf der Veränderung des individuellen Verhältnisses der Individuen zur Gesellschaft beruhen. In dem Maße, in dem sich Souveränität und Unterordnung von allen sozialen Bindungen lösen, erhalten sie eher einen wahrnehmungsbezogenen als einen materiellen Charakter. Im Rahmen eines Gesellschaftsverständnisses, das nicht auf Gemeinsamkeiten, sondern auf Unterschieden beruht, kommt man zur Personalisierung von Geschlecht, Ethnie und allen anderen Formen der Unterdrückung und ihrer Ablehnung als soziale Kategorien.

So fortschrittlich die intersektionalen Tendenzen zur Einheit der Kämpfe der Unterdrückten sind, so reaktionär und desorganisierend sind die Tendenzen zur Ablehnung von „kollektiven Subjekten“, sozialen Kämpfen und sozialen Kräften, die Verurteilung eines gegen die Quellen der Unterdrückung und der Unterdrückung gerichteten Kampfes als „social engineering“ und die Tendenzen zu anarchistischen Kulturbewegungen, die darauf beruhen, dass das Individuum sein Verhältnis zur Gesellschaft verändert, anstatt politische Kämpfe zu führen.

Andererseits sieht die Intersektionalität, selbst in ihrer fortgeschrittensten Form, nicht nur keine Einheit des Programms vor, sie lehnt auch einen einheitlichen Kampf gegen die patriarchale heterosexistische kapitalistische Ordnung ab. Tatsächlich spiegelt die Intersektionalität die gegenwärtigen Gefühle und Einstellungen der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten zueinander unter der gegenwärtigen Hegemonie der bürgerlichen Ideologie und der aktuellen Stimmung der spontanen Kämpfe wider. Die Unterdrückten sind einander zugeneigt, aber distanziert und zurückhaltend. Sie brauchen einander und erkennen dies an, aber sie misstrauen einander. Und im Grunde sind sie unentschlossen, sich gegen den Hauptfeind zu wenden. Da der Intersektionalismus nicht von einer objektiven Analyse der materiellen Bedingungen und der Frage ausgeht, wie man die Quellen von Unterdrückung und die Rolle des Subjekts/der Subjekte dabei zerstören kann, sondern direkt von der Unterdrückung selbst und der Notwendigkeit individueller/subjektiver Verteidigung gegen die Unterdrückung in einer subjektivistischen Weise, geht der Intersektionalismus von der Überschneidung von Unterdrückungen aus, nicht von Zielen und Zielsetzungen, und macht die Unterdrückten von Anfang an verwundbar.

Das grundlegende Merkmal einer intersektionalistischen Bündnispolitik ist folgendes: Einzelne Subjekte aus verschiedenen Sektionen, die sich gegen die bestehende Ausbeutung und Unterdrückung auflehnen und begonnen haben, gegen die Mechanismen der Unterdrückung zu kämpfen, aber in Form von autonomen Oppositionszweigen agieren, beteiligen sich an dem Kampf auf den Ebenen, auf denen sich ihre konkrete Unterdrückung überschneidet. Die Intersektionalität beinhaltet also die Positionierung der individuellen Subjekte, die Adressaten von mehr als einem dieser Probleme sind, in Übereinstimmung mit den sich überschneidenden Unterdrückungen innerhalb der zahlreichen ineinandergreifenden Unterdrückungssysteme.

Intersektionalität bedeutet, wie der Name schon sagt, Einheit in dem Maße und in dem Ausmaß, in dem sich Forderungen und Probleme überschneiden. Diese lose, solidarische Ebene ist an sich fortschrittlicher als isolierte Kämpfe. Sie ändert jedoch nichts an der isolierten Existenz der Kämpfe und damit am Charakter der Kämpfe, die nur auf die Errungenschaften im Fragment ausgerichtet sind und die Einheit nur im Fragment, in der Schnittmenge, beinhalten. In jedem Fall geht diese Fragmentierung von der Ordnung aus und erzeugt sie. Ein Kampfverständnis, das vom unterdrückten Subjekt ausgeht, sich aber nicht auf die Quelle der Unterdrückung, ihre materielle Basis, die ökonomischen und politischen Mechanismen ihrer Aufrechterhaltung konzentriert, kommt der Beseitigung der Unterdrückungsmechanismen nicht einmal nahe und bleibt im Wesentlichen in den Grenzen der “Bewusstseinsbildung”.

Eine revolutionäre Strategie für ein revolutionäres Programm

Das Programm der Kommunist:innen zur Befreiung der Geschlechter stützt sich auf die Abschaffung des Privateigentums. Für ein Programm, das darauf abzielt, die auf dem Privateigentum basierende Gesellschaftsordnung zu beenden und die sozialen Grundlagen des Geschlechterwiderspruchs zu zerstören, versucht es, alle gesellschaftlichen Kräfte, die ein Interesse an der Zerstörung des Privateigentums haben, auf dem das Patriarchat basiert, auf der Achse des Geschlechterwiderspruchs, auf der Seite des Frauenbefreiungskampfes und des anti-heterosexistischen Kampfes zu positionieren und sie auf diesem Boden zu gewinnen. Denn die Kräfte, die für den Kampf für den Umsturz der auf Privateigentum basierenden Gesellschaft notwendig sind, sind nicht dieselben, wie die Kräfte, die für den Kampf für z. B. eine partielle Gesetzesänderung notwendig sind.

Die Gesellschaft, die auf dem Privateigentum basiert, ist in den heutigen materiellen Bedingungen, in der kapitalistischen Ordnung, im imperialistischen kapitalistischen System verkörpert. Die materiellen Grundlagen des Patriarchats sind die auf der Herrschaft des Kapitals beruhende ökonomische Gesellschaftsordnung und deren staatliche und politische Struktur. Der Umsturz des Patriarchats erfordert den Umsturz dieses politischen Systems. Dieser Zusammenbruch kann den Weg für die Auflösung der geschlechtsspezifischen Gesellschaft ebnen, vorausgesetzt, dass die Position des weiblichen Geschlechts in der neuen Macht so bestimmt wird, dass sie den Hauptentscheidungsmechanismus in allen Problemen auf der Achse des Geschlechterwiderspruchs und den gleichberechtigten Entscheidungsmechanismus in allen anderen Problemen darstellt.

Aber nicht nur das weibliche Geschlecht hat ein Interesse daran, die gegenwärtige politische Macht des Privateigentums zu liquidieren. Das Proletariat als Klasse ist der Totengräber der Privateigentumsgesellschaft. Das weibliche Geschlecht allein kann die Ordnung des Privateigentums nicht stürzen, es kann nicht den Sturz aller materiellen gesellschaftlichen Grundlagen des Patriarchats garantieren. Dieser Kampf erfordert ein grundlegendes Bündnis zwischen den Kräften in der Gesellschaft, die an der Zerstörung des Privateigentums interessiert sind. Dies ist das Bündnis zwischen der Frau als Geschlecht und dem Proletariat als Klasse.

Um dieses grundlegenden Bündnis zu erreichen, ist es notwendig, die gesellschaftlich versöhnlerischen Kräfte zu isolieren und alle anderen gesellschaftlichen Kräfte um dieses Grundbündnis gegen das Patriarchat herum zu reinigen.

Im Verhältnis zur Existenz und Schärfe der nationalen Widersprüche ist die Situation für Männer unterdrückter Nationalitäten in jedem Land und jeder Region auch ähnlich. Dieses Bündnis ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich, weil in der kapitalistischen Ordnung alle wirtschaftlichen Beziehungen, einschließlich der patriarchalen Ausbeutung, der häuslichen Sklaverei und aller Formen der sexuellen Ausbeutung, der Kapitalproduktion unterworfen sind. Und die Klassendifferenzierung innerhalb des männlichen Geschlechts ist so, dass der bürgerliche Mann der konsequenteste Vertreter des männlichen Geschlechts ist, weil die Verwertung des Kapitals den proletarischen Mann vom bürgerlichen Mann in einem antagonistischen Widerspruch trennt. Der proletarische Mann kann, obwohl er ein Interesse an der patriarchalischen Ausbeutung hat, ein Bündnis mit dem weiblichen Geschlecht für die Umwälzung des Privateigentums eingehen, da seine Interessen objektiv mit der Umwälzung des Privateigentums verbunden sind.

Das weibliche Geschlecht ist auch in sich selbst nach Klassen unterschieden. Hinzu kommen nationale Unterdrückung, Kolonialismus und Differenzierung nach Nationalität sowie Unterdrückung und Ausbeutung aus religiösen und konfessionellen Gründen, doch lassen wir diese vorerst beiseite. Die Klassendifferenzierung unter den Frauen ist jedoch so, dass die Existenz des Privateigentums die bürgerliche Frau an die kapitalistisch-patriarchale Ordnung bindet und sie von ihrem Geschlecht entfremdet, weil ihre Interessen an der Erhaltung des Privateigentums objektiv Vorrang haben. Damit befindet sich die kleinbürgerliche Frau in einer widersprüchlichen Position gegenüber der subversiven, revolutionären Lösung des Geschlechterwiderspruchs. Im Gegensatz zum männlichen Geschlecht, wo die Kraft der Repräsentation des Geschlechts beim bürgerlichen Mann konzentriert ist, ist es beim weiblichen Geschlecht die proletarische Frau, die ihr Geschlecht am konsequentesten vertritt. In diesem Fall ist ein Bündnis zwischen dem weiblichen Geschlecht und der männlichen Hälfte des Proletariats für die Aufhebung des Patriarchats, die Aufhebung des Privateigentums und die revolutionäre Lösung des Geschlechterwiderspruchs notwendig.

Die männliche Herrschaft ist gleichzeitig ein großer sozialer Schlichter, der systematisch die Klassenkollaboration organisiert und das Proletariat systematisch an die Ordnung bindet. Der Pol des unterdrückten Geschlechts vom Geschlechterwiderspruch ist einer, in dem das nicht Destruktive nicht ausreichend vereinheitlichend ist. Der Pol des Unterdrückergeschlechts vom Geschlechtswiderspruch neigt dagegen naturgemäß dazu, eher schützend als zerstörend zu wirken. Das ist es, was im Wesentlichen regulierend wirkt. Die klassenschlichtende Kraft der männlichen Herrschaft um den Geschlechterwiderspruch herum die Arbeiter:innenklasse zu spalten, ist viel größer, im Gegensatz zu dem, was in den Reihen der werktätigen Linken mit einem patriarchalen Gedächtnis wiederholt wird, hat sie eine unvergleichlich größere Macht, die Klassenversöhnung zu organisieren als der Feminismus. Deshalb ist der Kampf gegen das Patriarchat auch notwendig für die Klasseneinheit des Proletariats und die Entwicklung des Klassenbewusstseins.

Dieses Bündnis kann jedoch nicht nach dem Muster der von männlich dominierten revolutionären Programme geschmiedet werden, die auf plumper Gleichmacherei, “Männer und Frauen Hand in Hand” und der Verallgemeinerung beruhen, dass der Sozialismus alle Probleme löst. Die Grenzen des Bündnisses, seine Form, die Aufteilung der Rechte und Befugnisse müssen klar und deutlich sein. Dieses Bündnis kann nicht darauf beruhen, dass einzelne Frauen als einzelne Frauen in einer allgemeinen Organisation aufgelöst werden. Die Frauen müssen in diesem Bündnis als Kollektiv, als kollektive Vertreterinnen ihres Geschlechts auftreten. Dieses Bündnis muss sich auf kollektive Strukturen stützen, die das weibliche Geschlecht vertreten, auf die Organisationen des weiblichen Geschlechts selbst, innerhalb der kommunistischen Partei, innerhalb aller gewerkschaftlichen und demokratischen Organisationen und innerhalb der revolutionären Macht selbst.

Das grundlegendste Problem ist auch hier das Problem der politischen Vorherrschaft. Dieses Bündnis muss eine Antwort in den aktuellen Kämpfen und in der Aufteilung der Souveränität in der revolutionären Macht finden.

Im aktuellen Sinne müssen sich alle Unterdrückten um das unterdrückte Geschlecht Frau und LGBTI+ in geschlechtsspezifischen Problemen scharen. Dazu gehört die Organisierung der Frauen in allen Massenorganisationen und der Kampf für eine gleichberechtigte Vertretung in den Führungsgremien, die Durchsetzung von Quoten- und Paritätssystemen in allen Organisationen, die Beseitigung aller Hindernisse für die unabhängige Organisierung von Frauen, die Übertragung von Entscheidungsrechten in allen geschlechtsspezifischen Fragen an Frauenorganisationen, die Organisierung von politischem Aktivitäten zu geschlechtsspezifischen Agenden in originären Formen und unter dem Vorbehalt des Willens der Frauen und der Kampf gegen die gesellschaftliche Männlichkeit mit allen Mitteln.

Die revolutionäre politische Macht muss hingegen so organisiert werden, dass sie die Organisation und Ermächtigung der eigenen Machtmechanismen des weiblichen Geschlechts in allen geschlechtsspezifischen Fragen und die Beteiligung des weiblichen Geschlechts an allen anderen Fragen durch kollektive Organisationen einschließt. Die notwendigen Schritte für Veränderungen in Wirtschaft, Familie, Bildung, Kultur und in allen Bereichen können nur möglich sein, wenn die politische Souveränität so gestaltet wird, dass die Macht des unterdrückten Geschlechts gesichert ist.

Betonen wir noch einige Grundzüge der Bündnispolitik der Kommunist:innen.

Erstens: Die Hauptkraft für die Lösung des Geschlechterwiderspruchs ist das weibliche Geschlecht. Die sexistische gesellschaftliche Arbeitsteilung beruht letztlich auf der Geburtenkontrolle, der Bevölkerungskontrolle. Die Form, die dies in der imperialistischen kapitalistischen Ordnung annimmt, ist die Produktion und Kontrolle von Arbeit für das Kapital, die Produktion und Kontrolle von Soldat:innen für imperialistisch kolonialistische Kriege. Die Organisation des Familien-, Gesellschafts- und Wirtschaftslebens wird auf dieser Grundlage gestaltet. Die Jahrtausende alte gesellschaftliche Mentalität, die sich auf dieser Grundlage herausgebildet hat, hat alle Entsprechungen in Traditionen und Kultur hervorgebracht und reproduziert sie ständig. Alle Formen der sexuellen Unterdrückung und Ausbeutung, auch der Heterosexismus, zielen letztlich darauf ab, diese große gesellschaftliche Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zu erhalten. Die kapitalistische Ordnung hat ein ureigenes Interesse an all diesen Formen der sexuellen Unterdrückung und Ausbeutung, aber sie hat kein Interesse an der Auflösung von Traditionen und Kulturen, die sich über Tausende von Jahren angesammelt haben und für die es sich lohnen würde, soziale Investitionen zu tätigen, um mehr oder weniger weitreichende Veränderungen in diesen Bereichen zu erreichen. Hinzu kommt, dass mit der Verschärfung der Widersprüche die Notwendigkeit der absoluten Mehrwertausbeutung und der imperialistischen und kolonialistischen Kriege immer unausweichlicher wird, was eine ständige Reorganisation der Bevölkerungs- und Familienpolitik in einer Weise erforderlich macht, die die sexistische Politik verschärft. Das weibliche Geschlecht ist die grundlegende gesellschaftliche Kraft für die Aufhebung dieser grundlegenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung und für die Lösung des Geschlechterwiderspruchs durch die Revolution. Dies gilt sowohl für die qualitative Position, die es innerhalb der sexistischen Ausbeutungsordnung einnimmt, als auch für die quantitative.

Welche Teile des weiblichen Geschlechts innerhalb der eigenen Klassendifferenzierung nicht die Qualität haben, eine fortschrittliche Position in der Frage der sexuellen Befreiung einzunehmen, welche Teile welche Rolle in diesen Kämpfen taktisch oder strategisch spielen werden, wie politische Subjekte, die diesen gesellschaftlichen Kräften entsprechen, geläutert, isoliert oder gewonnen werden sollen, in welcher Konsequenz sich verschiedene feministische politische Kräfte sowie Kommunistinnen an diesen Kämpfen beteiligen können, wird von Land zu Land, von Region zu Region unterschiedlich sein, je nach Entwicklungsstand des Kapitalismus, der konkreten Situation der Klassen- und nationalen Widersprüche.

Zweitens ist es, wie bereits erwähnt, für die Beseitigung des Privateigentums, auf dem die sexistische Gesellschaft beruht, notwendig, ein grundlegendes Bündnis zwischen dem Proletariat und dem weiblichen Geschlecht herzustellen, und alle anderen Bündnisse werden entsprechend organisiert.

Drittens muss diese Organisation der Bündnisse die Isolierung der wichtigsten gesellschaftlichen Schlichtungskräfte beinhalten. Die Formen der männlichen Vorherrschaft in den Reihen der werktätigen Linken, in den revolutionären und antifaschistischen Bewegungen sind die wichtigsten dieser sozialen Schlichter. Zweitens der Mittelschichtsfeminismus, der der instabilste Teil des Feminismus ist, und die Bewegungen der Mittelschicht wie der postmoderne Feminismus, der auf individuellem Libertarismus und politischem Pazifismus basiert, und der Liberalismus, der auf grobem Gleichheitsdenken und Konsumdenken beruht (einer der wichtigsten Vertreter der Politik der sexuellen Gleichberechtigung der Mittelschicht in der Türkei und in Kurdistan ist die CHP und das grobe egalitäre säkulare Verständnis der Gleichheit zwischen Männern und Frauen, das auf Lebensstil und persönlichen Freiheiten beruht).

Viertens: Eine weitere Achse, die sich innerhalb des Geschlechterkampfes entwickelt, ist der Bereich der Geschlechtslosigkeit, der Geschlechterkampf außerhalb der binären Geschlechter. Als eine sich entwickelnde Kampflinie gegen die sexistische Gesellschaft ist die LGBTI+ Bewegung die andere Seite des unterdrückten Pols des Geschlechterwiderspruchs und die engste Verbündete des Frauenbefreiungskampfes. LGBTI+ Menschen, die den am meisten unterdrückten Pol des Geschlechterwiderspruchs darstellen, haben am meisten von der Auflösung des Geschlechterwiderspruchs und der Zerstörung der sexistischen und geschlechtsspezifischen Gesellschaft zu profitieren und sind deren brutalster Ausbeutung und Gewalt, Unterdrückung und Zwang ausgesetzt.

Es ist besonders wichtig, dieses Thema zu betonen, da mit der Entwicklung der LGBTI+ Bewegung und der Infragestellung der binären geschlechtlichen gesellschaftlichen Arbeitsteilung die Position der LGBTI+ Bewegung einen größeren Platz auf der Diskussionsagenda des Frauenbefreiungskampfes einnimmt.

Eine der Fragen, die in den Debatten auftauchten, ist der Platz und die Rolle der LGBTI+ Bewegung im Kampf für sexuelle Befreiung. Da das kommunistische Programm den Umsturz der sexistischen, auf Geschlechtern basierenden Gesellschaft und die vollständige Abschaffung der auf Geschlechtern basierenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung anstrebt und LGBTI+ Menschen den am meisten unterdrückten Pol des Geschlechterwiderspruchs darstellen, warum ist die LGBTI+ Bewegung nicht die grundlegendste Kraft des Geschlechterwiderspruchs?

Die Tatsache, dass die LGBTI+ Bewegung der engste Verbündete der Frauenbewegung ist, schließt nicht aus, dass das grundlegende Bündnis, die für die Lösung des Geschlechterwiderspruchs durch die Revolution stattfinden muss, zwischen dem proletarischen Teil des männlichen Geschlechts und dem weiblichen Geschlecht stattfinden muss. Vor allem geht das kommunistische Programm, wie wir oben betont haben, nicht von der Form und Quantität der Unterdrückung aus. Es geht von den objektiven materiellen Verhältnissen aus. Es geht davon aus, wie die Quellen der Unterdrückung und der Unterdrückung beseitigt werden, und wie welche Kraft positioniert wird und welche Rolle sie in diesem Kampf in Bezug auf ihren Platz in den wirtschaftlichen und materiellen Beziehungen spielen wird.

Ein zweites Thema der Diskussion ist die offensichtliche ideologische Hegemonie des postmodernen Subjektivismus und Idealismus innerhalb der LGBTI+ Bewegung. Zwar sind die revolutionären Bewegungen in dieser Frage sowohl schwach als auch deutlich entpolitisiert, doch ist dies bis zu einem gewissen Grad nur natürlich. Allerdings erscheinen Individualismus und Subjektivismus an sich als der innere Charakter der LGBTI+ Bewegung. Dieser soll sich aus der Natur der Unterdrückung ergeben, was aber nicht der Fall ist. Sogar die eigene Entwicklung der LGBTI+ Bewegung und ihre eigenen Experimente zeigen, dass die Entwicklung der LGBTI+ Bewegung zu ihrer aktuellen Position tatsächlich durch eine “Konstruktion des sozialen Subjekts” erfolgt, die die Postmodernen mit größtem Hass verurteilen, und nicht durch “Dekonstruktion”, “Atomisierung”, “Autonomie der Unterdrückung”, “Individualisierung”.

Drittens ist die LGBTI+ Bewegung weder ein Teilbereich des Frauenbefreiungskampfes noch des Feminismus, und das zu sein, nützt auch weder der Frauenbewegung noch der LGBTI+ Bewegung. Ein großer Teil der feministischen Bewegung nimmt eine defensive Position gegenüber der LGBTI+ Bewegung ein. Eine der negativsten Formen davon ist die Tendenz, die LGBTI+ Bewegung nach dem Grad der „Weiblichkeit“ zu beurteilen, zu spalten und einen bestimmten Teil von ihr zu einer internen Kraft, einer Untergruppe des Frauenbefreiungskampfes zu machen. Diese Art von Position, die LGBTI+ Bewegung zu trennen und ihre „entmännlichten“ Teile in die Frauenbewegung zu integrieren, ist eine äußerst leere intellektuelle und unpolitische Haltung. Die Tendenz, Schwule außerhalb der LGBTI+ Bewegung und damit außerhalb des Bündnis- und Einheitsbereichs der Frauenbewegung im Rahmen der Kämpfe für sexuelle Befreiung zu definieren und, was noch schlimmer ist, trans Frauen und trans Männer vom Kampf für sexuelle Befreiung in verschiedenen Formen auszuschließen, ist von vornherein ein Produkt der oben kritisierten autonomen, system-internen Beschränktheit des Feminismus. Der Kampf für sexuelle Befreiung muss nicht feministisch sein. Er muss auch nicht eine reine Frauenbewegung sein. Die Entwicklung der LGBTI+ Bewegung spielt eine Rolle, die das Gedächtnis der starrsten Teile der feministischen Bewegung stört, besonders in dieser Hinsicht.

Viertens hat sich unter den Bedingungen der Entwicklung der LGBTI+ Bewegung und des großen Durchbruchs des Frauenbefreiungskampfes in den letzten Jahrzehnten die Infragestellung der sexistischen Gesellschaftsordnung im Allgemeinen und des binären Geschlechtersystems im Besonderen weltweit beschleunigt, insbesondere in kapitalistischen Zentren wie Europa und den USA. Einerseits durch die Selbstregulierung der herrschenden Ideologie durch die Politik des „Pinkwashing“ und „Purplewashing“, die Manifestation einiger Effekte des Kapitals, die das Patriarchat innerhalb der widersprüchlichen Einheit von Kapital und Patriarchat untergraben, die Tatsache, dass die Postmoderne mit ihrer dominanten Wirkung auf kulturelle und ideologische Instrumente die Geschlechterfrage auf der Tagesordnung hält, und die Möglichkeiten, die sich dem Kapital bieten, indem es eine so wertvolle Ware wie Sexualität und, wenn nötig, eine wirksame Droge auf diese Weise in den Mittelpunkt stellt, erweitern diesen Boden. Unter diesen Bedingungen entwickeln sich anarchistische Haltungen, die auf der individuellen Ablehnung des binären Geschlechts beruhen, wie Nicht-Binärität und Fluidität, die über die Grenzen der LGBTI+ Bewegung hinausgehen, als sozialer Trend, ausgehend von der Jugend der relativ reichen kapitalistischen Zentren. Obwohl diese Tendenz in ihrer gegenwärtigen Form keine brauchbaren Ergebnisse hervorbringt, da sie politisch auf Anarchismus und der Veränderung des eigenen Verhältnisses zur Gesellschaft basiert und ideologisch eine geordnete Infragestellung der sexistischen Ordnung unter dem Einfluss postmoderner bürgerlicher Theorien ist, stellt sie letztlich eine der zukunftsweisenden Fragen und Tendenzen der Menschheit dar. Die Entwicklung einer Art kultureller Bewegung, die auf der Infragestellung und Ablehnung des binären Geschlechtersystems basiert, ausgehend von der aufgeklärten Jugend, hat das Potenzial, den bestehenden patriarchalen heterosexistischen Status quo in dem Maße zu erschüttern und zu beeinflussen, in dem sie Idealismus und Subjektivismus, Individualismus und Apolitismus ablehnt und auf ein revolutionäres Programm und revolutionäres Handeln trifft. Unter der ideologischen Hegemonie der Bourgeoisie führt diese Tendenz jedoch zu reaktionären politischen Ergebnissen wie der Ablehnung des Frauenbefreiungskampfes und der Kategorie der Frau, der Ablehnung der Definition der Frau als soziales Subjekt und der direkten Konfrontation mit den feministischen Bewegungen, anstatt einen fortschrittlichen anti-heterosexistischen Druck gegen den Frauenbefreiungskampf und den Feminismus aufzubauen. Solche Phänomene öffnen den Raum für ein Konkurrenzverhältnis zwischen der feministischen Bewegung und der LGBTI+ Bewegung im Besonderen und zwischen der Frauenbefreiungsbewegung und der LGBTI+ Bewegung im Allgemeinen.

Da die kommunistische Frauenbewegung den Kampf um den Geschlechterwiderspruch nicht als Sektionskämpfe des weiblichen Geschlechts versteht, behandelt sie die LGBTI+ Bewegung als eine der direkten Komponenten des Geschlechterwiderspruchs. Auf dieser Grundlage bestimmt sie ihren Bündnisansatz.

Die Rolle des Geschlechterwiderspruchs in der politischen Mobilisierung gegen das faschistische Chefregime

Unter den Bedingungen des faschistischen Chefregimes1 verschärft sich der Geschlechterwiderspruch zu einer der Hauptachsen der politischen Polarisierung. Der Befreiungskampf der Frauen entwickelt sich als Teil des Kampfes der Arbeiter:innenklasse, der Werktätigen, des kurdischen Volkes, der unterdrückten und ausgebeuteten Klassen und Schichten gegen das faschistische Regime. Der effektive Widerstand des Frauenbefreiungskampfes gegen die Angriffe des faschistischen Regimes und seine verschiedenen Errungenschaften geben der Arbeiter:innenklasse und den Unterdrückten eine große Moral. Diese Errungenschaften werden massiv unterstützt. Diese Situation ist ein wichtiger Indikator für die Macht des Geschlechterwiderspruchs, der nicht nur die Frauen, sondern auch die breiten Massen, die sich dem Faschismus widersetzen wollen, läutert.

Die männliche Rückschrittlichkeit nimmt einen wichtigen Platz unter den sozialen Grundlagen des faschistischen Chefregimes ein. Die männliche Herrschaft unter der Führung des faschistischen Chefregimes versucht, die soziale Spaltung in Richtung einer männlich-weiblich Spaltung zu vertiefen, die das Niveau eines Krieges zwischen den Geschlechtern erreicht, was insbesondere die Eskalation der Gewalt von Männern aus den unterdrückten Klassen gegen Frauen aus den unterdrückten Klassen beinhaltet. Es ist notwendig, diese Gleichung zu durchbrechen. Das faschistische Chefregime versucht auch, die soziale Spaltung als politische Spaltung zwischen Frauen und Frauen zu vertiefen. Es versucht, die Entfremdung zwischen „akzeptablen“, „ehrenhaften“ Haussklavinnen und „freien Frauen“, insbesondere Frauen, die im Frauenbefreiungskampf aktiv sind, Arbeiterinnen, Intellektuelle, Frauen, die sich von der Haussklaverei ein Stück weit unabhängig gemacht haben, zu organisieren und zu vertiefen. Auch diese Gleichsetzung muss durchbrochen werden.

Um die Frontenverschärfung zwischen Frauen und Frauen, Frauen und unterdrückten Männern zu stören, um die sozial versöhnlerischen Kräfte zu isolieren, die das weibliche Geschlecht und die unterdrückten Männer gegenüber dem Patriarchat unterstützen, sowie die grobe egalitäre, säkularistische, individualistische und marktwirtschaftliche Geschlechterpolitik, die heute ihren prominentesten Ausdruck in der CHP findet, zu isolieren und die Kluft zwischen dem faschistischen Chefregime und den Frauen und den Unterdrückten zu vertiefen, ist es notwendig, die Achse des Geschlechterwiderspruchs als eine der Hauptachsen des Kampfes gegen das faschistische Chefregime, des antifaschistischen Kampfes zu nehmen.

Die wichtigste Dimension dieser Ausrichtung ist natürlich die Mobilisierung der breiten Masse der Frauen, die unter den verschiedenen Arten von Angriffen des faschistischen Regimes, der männlichen Vorherrschaft und einzelner Mitglieder des männlichen Geschlechts, ihren wirtschaftlichen Folgen, der männlichen Gewalt, der häuslichen Sklaverei, der doppelten Ausbeutung leiden.

Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass die allgemein mobilisierten, kämpfenden sozialen Schichten, die antifaschistischen Massen, die Alevit:innen, die Arbeiter:innen, die Jugendlichen, die werktätigen Beamt:innen, die Armen aus den Vierteln usw. aktiver werden, sich stärker im geschlechterorientierten politischen Kampf mobilisieren. Wir haben gesagt, dass das Bündnis zwischen dem weiblichen Geschlecht und dem Proletariat, insbesondere der männlichen Hälfte des Proletariats, ein strategisches Bündnis für die Zerstörung des Patriarchats ist. Aber handelt es sich dabei neben der Förderung des politischen Handelns von Frauen in verschiedenen sozialen Fragen auch um ein taktisches Bündnis im Hinblick auf die Ausrichtung der Männer in der Geschlechterfrage? Wo kommt das taktische Bündnis zum Tragen und kann es eine Auswirkung auf die Geschlechterfrage haben?

Mit anderen Worten: Welche Position vertritt der proletarische Mann derzeit in der Geschlechterfrage? Welche Rolle spielt der Geschlechterwiderspruch in seiner taktischen Position? Wie manifestiert er sich in den taktischen Kämpfen, die darauf abzielen, die geschlechtsspezifischen Angriffe des faschistischen Chefregimes abzuwehren?

Kurzum, wie wird die männliche Hälfte des Proletariats der Frauenbewegung, dem weiblichen Geschlecht, beweisen, dass sie eine taktisch wertvolle Bündniskraft ist? Wie wird sie ihre “Reife” beweisen? Denn man muss zugeben, dass sie seit vielen Jahren keine aussagekräftigen praktischen Fakten vorweisen kann. Kommunist:innen und vor allem kommunistische Männer haben in dieser Hinsicht keine sinnvolle erfolgreiche Praxis, keine erfolgreiche Führung gezeigt.

Die Situation ist offensichtlich. Es gibt keine Frauenorganisation, keine Quote, keine gleichberechtigte Vertretung in den Gewerkschaften. Es gibt keinen sinnvollen Kampf in dieser Frage. Eine der beschämendsten Haltungen in dieser Frage kam nicht von den nicht organisierten Arbeiter:innen, sondern aus den Reihen der werktätigen Linken, von der EMEP2 mit ihrer reaktionären Haltung zur Frauenorganisiserung in Eğitim-Sen3. Die Gewerkschaftsorganisationen haben sich nicht bemüht, den Frauenstreik zu organisieren und zu unterstützen.

In der Beziehung zu den Kämpfen der Arbeiterinnen hat es keine besondere Solidarität gegeben, keine Infragestellung der Männlichkeit, keine besondere Praxis der Solidarität von Männern mit Frauen, die über den Durchschnitt hinausgeht.

Bei den wichtigsten Themen, die in den letzten Jahrzehnten auf der Tagesordnung der Frauenbewegung standen, insbesondere bei der Gewalt gegen Frauen, hat sich die praktische Solidarität auf einem sehr begrenzten, rückständigen Niveau entwickelt. Die beiden Themen, die sich in der Praxis leicht überdurchschnittlich entwickelt haben, sind die soziale Reaktion auf den Mord an Özgecan Aslan4 und die Außerkraftsetzung der Istanbul Konvention, wobei man sagen muss, dass die politische Haltung zu letzterem ebenfalls äußerst begrenzt ist. Die allgemeine Perspektive der Arbeiter:innenbewegung ist immer noch sehr männlich. Das lässt sich vor allem an ihren Vertretern in den Gewerkschaften und im Widerstand ablesen.

Von den klassenkämpferischen Gewerkschaften ist bisher keine sinnvolle Intervention gegen diese Situation ausgegangen. Die Männerherrschaft ist nicht zu einem wichtigen Thema des Kampfes gegen die Gewerkschaftsbürokratie geworden. Kurz gesagt, der größte Beitrag des männlichen Proletariats zur Frauenbewegung besteht derzeit darin, dass es sie nicht “überschattet”.

Kommen wir auf die gleiche Frage zurück: Wie kann die männliche Hälfte des Proletariats dem weiblichen Geschlecht beweisen, dass sie dieses Bündnisses würdig ist?

Betrachten wir den zweiten Teil der Frage. Die Frauenbewegung gibt sich in der Tat hauptsächlich mit dem Zustand des männlichen Proletariats zufrieden. Subjektiv kritisiert sie, reagiert, ist vielleicht sogar “verärgert”, aber diese Unzufriedenheit nimmt keine praktische Form an. Man kann sagen, dass die Frauenbewegung es für ausreichend hält, dass die praktische Position der Männer als “Neutralität” gestaltet wird, und nicht will, dass sie darüber hinausgeht. In dieser Hinsicht müssen wir erkennen, dass die Frauenbewegung sich in einem Status-quo-Kompromiss befindet, sogar gegen weitere politische Aktionen, was kein guter Kompromiss ist.

Die Frauenbewegung tut sich schwer damit, innerhalb des Geschlechterkampfes einen Raum für Schwule, trans Männer und sogar trans Frauen zu öffnen, geschweige denn für das männliche Proletariat, das die direkten Adressaten des Geschlechterwiderspruchs sind.

Dieser politische Kompromiss, diese Vereinbarung der “Neutralität” führt nicht zu einer sozialen “Neutralisierung”, sondern zu einer Beschränkung des Kampfes gegen die soziale Männlichkeit auf den allgemeinen politischen Einfluss der Frauenbewegung. Die Frauenbewegung stört die Bequemlichkeit der Männer aus den unterdrückten Klassen nicht wirklich. Der Adressat ihrer Aktionen ist im Wesentlichen der Männerstaat. Sie kämpft nicht gegen die männliche Reaktion, gegen einzelne Männer, von denen bekannt ist, dass sie für Verbrechen gegen Frauen verantwortlich sind, mit direkten Mitteln, Gruppen- oder Massengewalt. In der Sphäre des direkten Kontakts und der Intervention befinden sich nur Männer, die auf der einen oder anderen Ebene in politischen oder demokratischen Organisationen organisiert sind. Diese Art von “Neutralität” “neutralisiert” im Wesentlichen die politischen Männer, jenen Teil des männlichen Geschlechts, der sich in anderen Kämpfen gegen das faschistische Chefregime, gegen die fortschrittlichsten Vertreter des Patriarchats engagiert, verhindert dessen männerdominierte Eingriffe, eröffnet Raum für eigene Aktionen, trägt aber dadurch nicht wesentlich zur “Neutralisierung” der Männer außerhalb dieses Bereichs bei.

Männer in der Gesellschaft werden in dem Maße “neutralisiert”, wie sie von den allgemeinen Errungenschaften der Frauenbewegung ideologisch oder politisch beeinflusst werden. In dem Maße, in dem abschreckende Maßnahmen entwickelt werden, unterlassen sie es, ihre männerdominierten Aktionen bis hin zur Gewalt auszuführen und so weiter.

Aber seien wir ehrlich: Feministinnen sind nicht in den Arbeitervierteln organisiert. Sie sind nicht in den Fabriken organisiert. In Kurdistan sind sie überhaupt nicht organisiert. Es ist eine Tatsache, dass die kommunistische Bewegung auch in diesen Gebieten an Kraft verliert. Die Situation in der Kolonie, in Nordkurdistan, ist zum Teil anders, wegen des nationalen demokratischen Kampfes und der kurdischen Frauenbewegung. Kurz gesagt, solange dieser soziale Wandel nicht in politischen Bündnissen verankert ist und solange er nicht systematisch erfolgt, greift er nur über zwei Kanäle in das ideologische Feld der männlichen Vorherrschaft ein: Zum einen hat sie in den von ihr berührten Bereichen einen Wandel bewirkt, d. h. vor allem in der kleinbürgerlichen Intelligenz und nur durch die „Bewusstseinsbildung“ der Frauen, in ihren Beziehungen zu den Männern, insbesondere in ihren familiären und intimen Beziehungen, Stellung zu beziehen; zum anderen sind es die Auswirkungen ihrer politischen Erfolge.

Kurz gesagt, es ist ein dringendes Bedürfnis sowohl der Frauenbewegung als auch des antifaschistischen Kampfes im Allgemeinen, ausgehend von den antifaschistischen und kämpferischen Sektoren, die Reihen um den Geschlechterwiderspruch und das Feld der politischen Aktion zu erweitern. Es ist notwendig, eine breitere gesellschaftliche Kraft zu mobilisieren, ausgehend von den Strukturen der werktätigen Linken, den Gewerkschaften, den Berufskammern und den demokratischen Massenorganisationen. Dies muss von einer Bewegung zur Konfrontation der gesellschaftlichen Männlichkeit mit dem sozialen Verfall begleitet werden, so wie die Konfrontation mit dem Chauvinismus durch die Arbeiter:innen und Werktätigen der herrschenden türkischen Nation, so wie die Praxis der Konfrontation mit dem armenischen Völkermord, so wie die verschiedenen Arten von Konfrontationspraktiken, die sich angesichts von Hassverbrechen entwickelt haben. Hier ist es notwendig, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie die Aufgabe, die unterdrückten Männer zu führen, erreicht werden kann. Das Subjekt des Frauenbefreiungskampfes sind zweifelsohne die Frauen. Das Subjekt der Konfrontation mit der Männlichkeit ist jedoch aufgrund der Definition und der Natur der Aktion der Mann. Frauen können in diesem Kampf Führerinnen und Anführerinnen sein. Sie können ihn anführen. Der Akt der Konfrontation muss jedoch von den Männern ausgehen. Das gilt sowohl in den Reihen der kommunistischen Avantgarde als auch in der Gesellschaft.

Dabei geht es nicht nur um die ideologische Umgestaltung der Menschen. Es geht nicht darum, eine Gruppe von aufgeklärten Menschen zu schaffen. Dafür kann nur ein Teil der Energie aufgewendet werden. Der Kampf um die ideologische Umgestaltung ist notwendig und wesentlich. Er ist eine notwendige Voraussetzung für die Mobilisierung der politischen Kräfte. Außerdem ist es notwendig, Kader für diesen Wandel zu schaffen, Männer, die diesen Wandel innerhalb des männlichen Geschlechts anführen werden. Es ist auch notwendig, die Hindernisse, die dem Handeln der Frauen im Wege stehen, abzubauen. Die kommunistische Vorhut ist jedoch keine bewusstseinsbildende Bewegung. Weder für die Frauen noch für die Männer.

Das Hauptproblem besteht darin, die politische Ausrichtung zu lenken. Die politische Ausrichtung auf den Geschlechterwiderspruch in Form eines Geschlechterkrieges zwischen dem unterdrückten weiblichen Geschlecht und dem herrschenden männlichen Geschlecht zu organisieren, der bis hin zu Massakern gegen das weibliche Geschlecht geht, um das weibliche Geschlecht zu unterjochen und den Freiheitskampf um Jahrzehnte zurückzuwerfen. Angesichts des faschistischen Chefregimes, das versucht, die männliche Herrschaft aus der Krise zu führen, muss man versuchen, diese Läuterung in Form der Läuterung der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten gegen den Faschismus unter der Führung des weiblichen Geschlechts voranzutreiben und zu versuchen, den reaktionären Kompromiss zu brechen, den die proletarischen und unterdrückten Männer mit den herrschenden Klassen um ihrer Geschlechterprivilegien willen geschlossen haben. Genauso wie der Versuch, den reaktionären Klassenkompromiss mit dem Kolonialfaschismus auf chauvinistischer Grundlage um der Privilegien der herrschenden Nation willen zu brechen.

Krise der männlichen Souveränität und faschistische politisch islamische Restauration

Die Einheit von Kapital und Patriarchat ist eine widersprüchliche Einheit. An der Wurzel des Widerspruchs liegt der Grundwiderspruch des Kapitalismus, der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Charakter des Eigentums. Während die Vergesellschaftung der Produktion unweigerlich die Teilnahme der Frauen am gesellschaftlichen Leben (als Produzentinnen, Konsumentinnen und Waren) erzwingt, zieht der private Charakter des Eigentums sie unweigerlich aus dem gesellschaftlichen Leben heraus und in die Enge des Hauses. Die revolutionäre Lösung dieses Widerspruchs besteht in der vollständigen Vergesellschaftung der Frauenarbeit, einschließlich der Hausarbeit selbst.

International gerät das Patriarchat immer mehr in eine Krise, die durch diese widersprüchliche Einheit bedingt ist und durch die Verschärfung des Widerspruchs unter den Bedingungen der imperialistischen Globalisierung noch vertieft wird. Eine dauerhafte Lösung dieses Widerspruchs ist für das Kapital nicht möglich, da er mit seiner Existenzform kollidiert. Die verschiedenen Zugeständnisse, die gegenüber den Forderungen der Frauen gemacht wurden, ebnen den Weg für die Beteiligung der Frauen am gesellschaftlichen Leben, wodurch das Patriarchat untergraben und der Kampf für die Befreiung der Frauen gestärkt wird. Die Beteiligung der Frauen an der gesellschaftlichen Produktion als billige Arbeitskräfte untergräbt die häusliche Sklaverei und schwächt die bürgerliche Familie. Die Schwächung der Familie schränkt die Möglichkeiten ein, die Widersprüche zwischen Arbeit und Kapital durch die Ausbeutung der Hausarbeit zu glätten und schwächt die ideologische Hegemonie der Bourgeoisie. Die Bemühungen zur Stärkung der Familie verengen die Quellen billiger Arbeitskräfte für die Kapitalist:innen.

Darüber hinaus haben sich alle Widersprüche des Kapitalismus so verschärft, dass er seine Krisen nicht durch weitreichende wirtschaftliche Zugeständnisse bewältigen kann.

Der Kapitalismus versucht, die Krise auf folgende Weise zu bewältigen: die Eindämmung der sich entwickelnden Frauenbefreiungskämpfe in überschaubaren Grenzen durch Gewalt oder ihre Zähmung durch ideologische Einkreisung; die Verschmelzung von Maßnahmen zur Stärkung der bürgerlichen Familie für die arbeitenden und werktätigen Massen und die Armen mit der Öffnung von Räumen für bürgerliche Familienformen als Alternative zur klassischen Familie für die Mittelschichten; die Rentabilisierung männlicher Sexualität und Gewalt durch deren Kanalisierung in die Unterhaltungs- und Sexindustrie; die Ausweitung der Sphäre der häuslichen Produktion und ihre Einbindung in globale Produktionsketten; die zunehmende Kommodifizierung häuslicher Arbeitsräume in einer Weise, die die häuslich-familiäre Organisation stärkt, aber den Geschlechterwiderspruch aufweicht; die Vertiefung der Läuterung innerhalb des weiblichen Geschlechts und die Festigung der bürgerlichen ideologischen Hegemonie durch die Schaffung einer Art „Geschlechteraristokratie“ aus Frauen der Mittelschicht usw.

Aus vielen Gründen ist die Türkei und Kurdistan einer der Orte, an denen sich die Krise der männlichen Vorherrschaft in Verbindung mit anderen sozialen Problemen am heftigsten manifestiert. Einerseits haben die weitere Vergesellschaftung der weiblichen Arbeitskraft und ihre Öffnung für die direkte Ausbeutung des Kapitals mit der beschleunigten Entwicklung des Kapitalismus, andererseits die bedeutenden Errungenschaften der Frauenbewegung Ende der 90er und Anfang der 2000er Jahre einerseits und die revolutionären Ergebnisse der Entwicklung der kurdischen nationalen demokratischen Bewegung und der kurdischen Frauenbewegung in Kurdistan andererseits diese Krise der männlichen Vorherrschaft in einer Weise bedingt, die schwerwiegende Folgen für die bürgerliche Familien- und Sozialstruktur sowie für die Wechselwirkung zwischen dem antifaschistischen Massenkampf und dem Geschlechterwiderspruch hat. Die Eskalation der Gewalt gegen Frauen ist einer der Indikatoren dafür.

Das faschistische Chefregime versucht, auch die Krise des Patriarchats mit der politisch-islamischen Restauration zu beheben. Auf dieser Grundlage versucht es einerseits, einen Geschlechterkrieg zu organisieren, wie wir oben zusammengefasst haben, und andererseits einen „Geschlechterfrieden“, eine Versöhnung der Geschlechter auf der Grundlage des Ideals „akzeptable weibliche Sklavin – akzeptabler männlicher Herr“ zu organisieren. Zusätzlich zu den Veränderungen, die sie in der Struktur der Familie und der Gesellschaft vorsieht und die durch gesetzliche Regelungen unterstützt werden, tendiert sie auch dazu, die wirtschaftlichen Grundlagen dieses Plans mit ihren Bemühungen in Richtung einer Politik der Heimarbeit mit verschiedenen Formen der Heimarbeit, der Entlohnung von Betreuungsarbeit und einer Politik der Heimarbeit zu gestalten.

Insgesamt ist diese Politik eine der wichtigsten Säulen des Ziels, das faschistische Chefregime zu stabilisieren. Aufgrund des hervorgehobenen Umfangs und des strategischen Charakters des Ausmaßes und der Ziele des Angriffs besteht eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Periode darin, die Bündnisse des Frauenbefreiungskampfes zu erweitern und sicherzustellen, dass er in den taktischen Kämpfen eine ernsthafte Präsenz hat. Alle Ansprechpartner:innen des Geschlechterwiderspruchs müssen das Problem mit dieser Ernsthaftigkeit angehen.

1 Charakterisierung der aktuellen politischen Herrschaft in der Türkei durch die Autorin des Textes.

2 EMEP ist die Abkürzung für die linke Emek Partisi (Partei der Arbeit).

3 Eğitim-Sen ist die Abkürzung für Eğitim ve Bilim Emekçileri Sendikası (Gewerkschaft für Bildung und Bildungswerktätige).

4 Özgecan Aslan war eine Studentin, die am 11. Februar 2015 in einem Kleinbus in Mersin, Türkei, ermordet wurde, als sie sich einer versuchten Vergewaltigung widersetzte. Ihre verbrannte Leiche wurde am 13. Februar entdeckt.