Das Gedicht “Errichte deine Paläste” (“šhayyed ʾuṣūrak”) entstand in Ägypten in den 1970er Jahren. Der Text geht zurück auf den Dichter Ahmad Fouad Negm (gest. 2013), auch bekannt als “El-Fagumi”, der ab den späten 60er Jahren in seinen Werken, die meist im ägyptischen Dialekt gehalten waren, die Lebensrealität der arbeitenden und armen Volksmassen in Worte fasste. Bekannt geworden ist das Gedicht vor allem durch den Sänger Sheikh Imam, der über viele Jahre eng mit Negm zusammenarbeitete und seine Texte, begleitet mit der arabischen Laute (Oud), vertonte.
Negm und Imam haben wegen ihrer Kunst häufig Repression, Verfolgung und Haft erlebt. In Negms Texten, die Sheikh Imam popularisiert hat, wird das Volk manchmal unverhohlen zum revolutionären Umsturz aufgerufen.
Das Gedicht “Errichte deine Paläste” beschreibt zunächst Episoden aus dem Leben von Arbeiter:innen, Bäuer:innen und Armen im damaligen Ägypten und adressiert direkt den verantwortlichen Unterdrücker. Dieser enteignet Land, um prächtige Paläste zu bauen, will seine Arbeiter durch Rausch und Unterhaltung gefügig und passiv machen und verfolgt alle, die sich nicht fügen.
In der 4. und 5. Strophe verändert sich der Ton gegenüber dem Adressaten und wird von einer Klage zu einer siegesbewussten Mahnung. Den Arbeiter:innen wird durch die Ausbeutung der Schlaf geraubt – doch nun sind sie “wach” und sehen klar, wer Verbündeter und wer Feind ist.
Der deutlich formulierte Klassenstandpunkt in den Zeilen von Ahmad Fouad Negm und Sheikh Imam verdeutlicht, dass in der dynamischen Zeit der 1960er und 1970er Jahre für die arabischen Länder explizit sozialistische Ideen und Forderungen unter vielen Menschen Anklang fanden.
Auch heute wird das Lied weiterhin gerne gesungen. Bei einem Protest in Köln in Solidarität mit dem Antifaschisten Zaid wurde das Gedicht zum Beispiel kürzlich vorgetragen.
Wir veröffentlichen hier erstmals eine deutsche Übersetzung von “šhayyed ʾuṣūrak” aus dem ägyptischen Arabischen.
Errichte deine Paläste
Text von Ahmad Fouad Negm
Gesungen von Sheikh Imam
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Errichte deine Paläste auf dem Ackerland
Durch unsere Mühen und unserer Hände Arbeit.
Die Trinkhallen sind neben den Fabriken
Und das Gefängnis an Stelle des Gartens.
Lass los deine Hunde auf die Straßen
Und sperre uns in deine Gefängniszellen.
Raub uns den Schlaf in den Betten
Denn wir haben ja schon geschlafen, so viel wir wollten.
Und bürde uns noch mehr Leiden auf,
Wir haben gelitten und wir haben genug!
Wir kennen den, der Schuld ist an unseren Wunden.
Wir kennen unseren Geist und haben uns zusammengeschlossen!
Arbeiter, Bauern und Studenten,
Unsere Stunde ist gekommen und wir haben begonnen
Einen Weg zu beschreiten, auf dem es kein Zurück gibt.
Und der Sieg naht schon vor unseren Augen!
Und der Sieg ist schon beinah in unseren Händen!