Übersetzung: Analyse und Kampforientierung zur europäischen Wiederbewaffnung

Aus: Klassenkampf #3


20. April 2025

Die Entwicklung der letzten Jahre hat eine Reihe von Erscheinungen mit sich gebracht, die die inneren Widersprüche des imperialistischen Systems verschärft haben. Dies führen uns die folgenden Punkte vor Augen:

  • Eine allgemeine Stagnation der Produktion mit zunehmend wiederkehrenden Wirtschaftskrisen.
  • Die Zunahme von bewaffneten Konflikten und ein Anstieg von militärischen Investitionen in der ganzen Welt angesichts der wachsenden zwischenimperialistischen Spannungen.
  • Das Erstarken der Ultrarechten in den imperialistischen Ländern und des offenen Faschismus in den unterdrückten Ländern, verbunden mit dem beschleunigten Verlust der bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten, die zuvor als sicher galten.

In diesem Zusammenhang schreitet in den Ländern der Europäischen Union die Akzeptanz des kriegstreiberischen Diskurses der „Aufrüstung“ in riesigen Schritten voran und hat sich im Jahr 2025 unter allen bürgerlichen Parlamentariern durchgesetzt.

Dass die USA über die NATO auf eine Erhöhung der Militärausgaben aller Mitgliedstaaten drängen, ist nichts Neues. Doch für die EU ist die neue US-Position zur Ukraine ein Schock: Trump zeigt den europäischen Imperialisten in den Verhandlungen mit Putin die kalte Schulter. Um den Konflikt in der Ukraine zu beenden, der von beiden Völkern mit Blut beglichen wurde, haben sich die USA und Russland auf die Aufteilung der Gebiete der Ukraine zwischen den beiden imperialistischen Mächten geeinigt.

Die USA versuchen, die zwischenimperialistischen Spannungen mit Russland zu entschärfen und die EU dazu zu bringen, sich der neuen US-Doktrin im militärischen und politischen Bereich anzuschließen. Auf diese Weise wollen die USA ihre militärischen Fähigkeiten auf die Unterstützung Israels und die Verteidigung ihrer Interessen im asiatisch-pazifischen Raum in ihrem Kampf mit China konzentrieren.

Wie real ist die Kriegsgefahr zwischen der EU und Russland? Welche Interessen liegen auf Seiten der EU-Mitgliedsstaaten, des Vereinigten Königreichs und der USA vor? Auf welche Hindernisse stoßen ihre Versuche, eine einheitliche imperialistische Politik umzusetzen? Wie verhält sich das Programm der „europäischen Aufrüstung“ zum reaktionären Aufschwung (sowohl der Rechtsruck des parlamentarischen Spektrum als auch die Unterstützung der Rechten)? Und schließlich, wie sollte die Position des revolutionären Proletariats in diesem Zusammenhang aussehen? Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir in diesem Artikel eine Zusammenfassung unserer Analyse der EU und dieser Aufrüstung, der Situation in Spanien und der Aufgaben des revolutionären Proletariats angesichts der militaristischen Politik des Imperialismus vorstellen.

  1. 1. DAS WESEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Der erste und wichtigste Punkt, den man verstehen muss, ist, dass die EU keine imperialistische Macht als solche ist: Es gab und gibt weder eine einheitliche europäische Finanzoligarchie, noch haben die verschiedenen imperialistischen Staaten gemeinsame Grenzen oder betreiben eine gemeinsame Politik. Diese Vorstellung hat immer nur in den Köpfen einiger weniger reformistischer und liberal-europafreundlicher Kräfte existiert, die vom Mythos der „europäischen Oase“ und dem neoliberalen Triumph der 1990er-Jahre verblendet waren, und in den Schundbüchern postmoderner kleinbürgerlicher Akademiker.

Im Gegenteil, die EU ist ein wenig zusammenhängendes imperialistisches Projekt, das wir als ein Bündnis imperialistischer Mächte unter der gemeinsamen und widersprüchlichen Führung Deutschlands und Frankreichs charakterisieren. Ihre Existenz ist das Ergebnis der sich überschneidenden Interessen der Oligarchien der imperialistischen Länder, aus denen sie sich zusammensetzt, aber sie wird zugleich ständig von den Widersprüchen zwischen eben diesen erschüttert, wobei der zweite Aspekt den ersten überwiegt. Dies zeigte sich deutlich bei den verschiedenen Reaktionen auf die Krise von 2008, später beim Brexit und dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem Bündnis oder in jüngster Zeit bei der Zurückhaltung Deutschlands im Konflikt mit Russland.

In diesem Sinne handelt es sich um ein Projekt, das schon seinem Konzept nach ständig in Frage gestellt wird, es hat eher wirtschaftlichen als politischen Charakter und ist auf kurzfristiges Gewinnstreben ausgerichtet. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (bekannt als „Gemeinsamer Markt“) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um die nötige Stabilität für den Wiederaufbau der Monopole zu schaffen und sich an die neue Hegemonie der USA anzupassen, die die alten europäischen Mächte auf eine im Vergleich zur Vorkriegszeit schwächere Position verwiesen hatten. Auch heute noch dient die EU ihren Mitgliedstaaten vor allem dazu, gemeinsam strategische Initiativen zu realisieren, die sie einzeln nicht auf demselben Niveau durchführen könnten.

Hinzu kommen die Widersprüche mit den Halbkolonien, die ebenfalls Teil der EU sind. Die meisten von ihnen wurden Anfang der 2000er Jahre in die EU aufgenommen, nach dem Zusammenbruch des Sozialimperialismus des sowjetischen Revisionismus. Davon auszunehmen sind Irland, Griechenland und Portugal, die jeweils schon früher beigetreten waren. Die EU hat den verschiedenen europäischen herrschenden Klassen, insbesondere der deutschen, dazu gedient, diese Halbkolonien an sich zu binden, um sie mit ihrem Kapital und ihren Waren zu überschwemmen, ihre Finanzen und ihre natürlichen Ressourcen zu kontrollieren und ihre Bevölkerung als billige Arbeitskräfte zu nutzbar zu machen.

An der zwischenimperialistischen Front versuchen die EU-Mächte seit der ersten Amtszeit von Donald Trump im Jahr 2016, einen Plan für eine von den USA unabhängige Außenpolitik zu entwickeln, ein Thema, das nach seinem erneuten Wahlsieg im Jahr 2024 wieder stark in den Vordergrund gerückt ist. Um diese Frage zu analysieren, muss man Folgendes bedenken: Armeen sind eines der wichtigsten Instrumente der herrschenden Klasse, um ihre Herrschaft auszuüben. Ihre Existenz ist doppelt begründet: Zum einen, um die Existenz dieser Klasse zu sichern, vor allem gegenüber dem eigenen Volk, aber auch gegenüber den herrschenden Klassen anderer Länder oder rivalisierenden Fraktionen innerhalb der Bourgeoisie, und zum anderen, um ihre imperialistische Herrschaft auszuweiten und ihren Machtanteil zu vergrößern.

Vor diesem Hintergrund stellt Russland derzeit keine existenzielle Gefahr für die europäischen Kapitalistenklassen dar, kann aber deren Machtanteil einschränken, wenn es in osteuropäischen Ländern Fuß fasst. Ein kurz- bis mittelfristiger Kontrollverlust zugunsten Russlands in diesem Gebiet scheint jedoch unwahrscheinlich, da der Krieg in der Ukraine für Russland derzeit ein wirtschaftliches, politisches und militärisches Desaster darstellt und die westlichen Mächte (EU+USA) in Osteuropa trotz des Aufstiegs prorussischer Kräfte wie Viktor Orban in Ungarn oder jüngst Calin Georgescu in Rumänien relativ fest im Sattel sitzen.

Auf jeden Fall haben die europäischen Mächte in den letzten Jahrzehnten große Schwierigkeiten gehabt, ihre imperialistische Vorherrschaft über das geografische Europa hinaus auszudehnen, da jede herrschende Klasse, unterschiedliche Einflusszonen hat (Frankreich in Afrika, Deutschland in Osteuropa, Spanien in Lateinamerika und der Sahelzone…) und sie nicht bereit sind, sich gegenseitig uneigennützig zu helfen. Mit anderen Worten, es gibt keine ausreichende Überschneidung der imperialistischen Projekte aus den verschiedenen Fraktionen der europäischen Kapitalistenklassen, um die Vorwärtsentwicklung in eine einheitliche Richtung zu ermöglichen. In dieser Situation möchte jede Finanzoligarchie, dass ihr eigenes Revier gegenüber denen der anderen bevorzugt wird, und zugleich ihren Anteil auf Kosten ihrer angeblichen Verbündeten erhöhen.

  1. 2. DIE MILITÄRISCHE SCHWÄCHE DER EU

In Kombination machen all diese Faktoren eine echte europäische Armee unwahrscheinlich, solange diese Situation anhält: Weder ist die Finanzoligarchie ausreichend geschlossen, um eine solche Armee zu den hohen Kosten, die sie verursachen würde, einzusetzen, noch ist ihre Existenz kurz- bis mittelfristig gefährdet, so dass sie daran interessiert wäre. Selbst begrenzte Maßnahmen wie die Verbesserung der Interoperabilität der EU-Armeen stoßen auf erhebliche Schwierigkeiten, wie z.B. die starke Abhängigkeit von der US-amerikanischen Führung, Aufklärung und Logistik für gemeinsame Einsätze. Hemmend wirken sich ebenso die mangelnde Kompetenz der EU-Kommission in diesem Bereich aus, sowie der Streit zwischen dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland um Machtanteile im militärischen Bereich und eine zersplitterte Rüstungsindustrie, die jeweils einzeln um einen größeren Anteil an europäischen Mitteln kämpft.

Die Abhängigkeit der Europäer von der US-Infrastruktur lässt sich gut daran ablesen, wie entscheidend sie für den ukrainischen Widerstand war: Die NATO-Befehlshaber verfügen über ein hohes Maß an Erfahrung bei der Planung und Führung von Truppen aus verschiedenen Ländern und sind in der Lage, diese Informationen für taktische Angriffe auf gegnerische Versorgungsketten und Kommandozentralen zu nutzen, Bewegungen für Rückzüge oder Gegenoffensiven vorherzusehen und zu jedem Zeitpunkt die richtigen Waffen auszuwählen. So haben die USA beispielsweise die ukrainische Infanterie frühzeitig mit Panzerabwehrwaffen versorgt, um den russischen Blitzkrieg zu stoppen, lieferten mit ihren Aufklärungssystemen (einschließlich Satellitenaufklärung) russische Bewegungsinformationen, lenkten damit Langstreckenraketen, um Munitionsdepots und andere wichtige Punkte der russischen Armee zu treffen, und schirmten ukrainische Kommando- und Logistikzentren mit Artillerie ab. Die USA stellen auch eine leistungsfähige Luftlogistik für schnelle Truppenbewegungen auf einem viel höheren Niveau als die EU bereit. Diese Führungsfähigkeiten, die Fähigkeit, militärische Geheimdienstinformationen effektiv zu nutzen, und die nachrichtendienstliche Infrastruktur, die wiederum eine gegen elektronische Kriegsführung resistente Kommunikation ermöglicht (Musks Starlink spielt hier eine wichtige Rolle), und die Tatsache, dass die USA der weltweit führende Waffen- und Munitionslieferant sind, führen in Kombination zu einer Abhängigkeit der EU, die nur schwer zu beheben ist1. Obwohl die EU und die USA die Ukraine in wirtschaftlicher Hinsicht in ähnlichem Umfang unterstützt haben (rund 120 Mrd. EUR), haben die USA vor allem militärische Unterstützung geleistet, während die EU eher finanzielle Hilfe geleistet hat. Ohne die USA wäre die Ukraine höchstwahrscheinlich vollständig von Russland überrannt worden.

Andererseits schränkt die Tatsache, dass die EU Halbkolonien umfasst, die formal politisch gleichberechtigt mit den übrigen Mitgliedstaaten sind (ohne Vetomöglichkeiten der wichtigsten Länder und ohne, dass Methoden zur faktischen machtpolitischen Durchsetzung ihrer Politik im Bereich der Verteidigung durch die imperialistischen Mächte etabliert wären), die Fähigkeit zu einer einheitlichen Führung stark ein. Um ein Beispiel zu nennen: Kürzlich haben das Vereinigte Königreich und Frankreich die Entsendung von Truppen in die Ukraine unterstützt (ein Versuch, die Führung bei der Ausgestaltung der europäischen Aufrüstung zu übernehmen). Deutschland und Polen haben sich hingegen trotz ihrer Unterstützung für die Aufrüstung dagegen positioniert. Die beiden letztgenannten Länder sind in stärkerem Maße vom russischen Gas abhängig und laufen Gefahr, den Preis für eine russische Reaktion auf einen unzureichenden Einsatz, der keine echte Abschreckung darstellt, direkt zu zahlen, da sie wissen, dass sie nicht in der Lage sind, ihre eigenen Truppen ohne US-Unterstützung außerhalb ihrer Grenzen zu stationieren. Auf der anderen Seite sind Länder wie Spanien und Italien, deren imperialistische Dominanz nicht in Osteuropa liegt, gegen eine europäische Intervention in der Ukraine, weshalb sie eine gewisse Zögerlichkeit bei der Frage der europäischen Aufrüstung an den Tag legen. Es ist zu erwarten, dass sie weniger energisch und entschlossen vorgehen werden, aber sie können sich dem Einfluss der USA und ihrer politischen Strategie nicht entziehen, mit der die führenden europäischen Mächte (Frankreich, Deutschland, Großbritannien) übereinstimmen.

Darin spiegelt sich ein Schwachpunkt des EU-Projekts wider: Die Präsenz zweitklassiger imperialistischer Länder ohne die Fähigkeit zu einer eigenen politischen Agenda (wie Spanien, Italien oder die nordischen Länder). Dies sind Punkte, an denen die hypothetische europäische Einheit angesichts des Einflusses außereuropäischer Mächte, vor allem der USA oder Chinas, zerbrechen kann. Letzteres hat beispielsweise stark in die Häfen von Barcelona und Piräus (Griechenland) investiert, um Eingangstore für seine Waren und sein Kapital nach Europa zu schaffen. Währenddessen verfolgen die USA weiterhin strategische Interessen in ganz Europa. Der Aufstieg Trumps und seine neue Politik führen dabei zu Spannungen in der gesamten EU und auch zwischen den imperialistischen Mächten insbesondere aufgrund seiner offenen Unterstützung für ultrarechte Parteien.

  1. 3. DIE AKTUELLE SITUATION: KRISE, AUFRÜSTUNG UND REAKTION

Diese Ungleicheit im Bezug auf Stärke und des Einflusses der verschiedenen imperialistischen Mächte bedeutet, dass ihre Bündnispolitik und ihr strategischer Einsatz in ständigem Widerspruch zueinander stehen und dass sie sich der jeweiligen politischen Situation anpassen müssen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten: Deshalb sagen wir, dass die Konkurrenz unter den Imperialisten absolut und die Zusammenarbeit relativ ist. In Anbetracht all dessen haben wir bereits in unserem Aufruf vom 8. März eine relevante Veränderung der internationalen Situation dargelegt, die durch fünf Faktoren veranschaulicht wird, die wir hier weiter ausführen:

1. Die wirtschaftliche Stagnation der letzten zwei Jahrzehnte in den USA und der Europäischen Union, die das Ergebnis der Dynamik des Monopolkapitalismus selbst ist, in dem es einen sogenannten «tendenziellen Fall der Profitrate» gibt. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass die für die Geschäftstätigkeit erforderlichen Investitionen immer größer werden und der Gewinn im Vergleich zu dieser Summe immer kleiner.

2. Eine Zunahme der zwischenimperialistischen Spannungen in Verbindung mit einer Verringerung ihrer Extraprofite. Der Profit, den die imperialistischen Länder aus den unterdrückten Ländern herausholen können, sinkt und sie müssen sich gegenseitig heftiger bekämpfen, um einen Teil vom Kuchen abzubekommen: Der Handelskrieg zwischen den USA und China oder die russische Invasion in der Ukraine sind die akutesten Beispiele für die aktuellen zwischenimperialistischen Konflikte. Die Eskalation der kolonialen Gewalt durch den Staat Israel und seine US-amerikanischen Herren in Palästina, im Libanon, in Syrien und im Jemen angesichts des Widerstands der kämpfenden Völker ist ebenfalls eine wichtige Zermürbungsfront für den US-Imperialismus, da sie eine frontale Opposition gegen die imperialistische Ausplünderung in der Region darstellt.

In diesem Kontext der Stagnation und der zwischenimperialistischen Spannungen brauchen die Herrschenden eine aggressivere Politik, sowohl gegen ihre imperialistischen Rivalen als auch gegen die Arbeiterklasse und die Volksschichten. Dies bedeutet Folgendes:

3. Die Aufrüstung der bürgerlichen Staaten: Wir sehen heute, wie die militärischen und repressiven Investitionen der NATO-Mitglieder, einschließlich des spanischen Staates, historische Ausmaße erreichen, ebenso wie in Russland und China. Von der Leyen hat angesichts der offensichtlichen Schwächung des Bündnisses mit den USA bereits einen milliardenschweren Plan für die Aufrüstung der gesamten EU angekündigt, wobei sie die berühmte «Ausgabenobergrenze» der Mitgliedstaaten ignoriert, wenn es um die Ausweitung der Militärausgaben geht. Dieser europäische Investitionsplan wird mit einem Paket von 800 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren umgesetzt, was etwas mehr als 1 % des gesamten europäischen BIP entspricht, wobei 650 Milliarden aus den Haushalten der Mitgliedstaaten und die restlichen 150 Milliarden aus EU-Krediten stammen. Die Militärausgaben werden somit von den Beschränkungen der Staatsschulden, die im Zuge der Krise von 2008 eingeführt wurden, ausgenommen. Darüber hinaus wird ein Darlehensinstrument speziell für diese Aufrüstung geschaffen, das die Mittel des europäischen Kohäsionsfonds für diesen Zweck bereitstellt und privates Kapital über die Europäische Investitionsbank mobilisiert2.

Aber die europäischen Länder sind nicht nur auf kollektiver Ebene tätig. Jeder einzelne Staat unternimmt die gleichen Anstrengungen: Das Vereinigte Königreich kündigte den größten Plan zur Erhöhung der Militärausgaben seit dem Kalten Krieg an3; in Deutschland haben sich Konservative und Sozialdemokraten darauf geeinigt, die Erhöhung der Militärausgaben von der «Schuldenbremse» auszunehmen und massive Investitionen in Infrastruktur und Logistik zu tätigen4 5 6; in Frankreich hat Macron vor zwei Jahren einen Plan zur Aufstockung des Verteidigungshaushalts um 40 % bis 2030 vorgestellt und kokettiert mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht7; Polen wiederum steht an der Spitze der Aufrüstungsbewegung und hat die Militärausgaben in den letzten Jahren auf über 4 % des BIP angehoben sowie kürzlich eine Erhöhung auf 5 % zugesagt8. Dies weist auf die Rolle hin, die den Halbkolonien in einem eventuellen militärischen Konflikt mit Russland zugedacht ist: Kanonenfutter für die Imperialisten zu sein. Alle diese Erhöhungen der Militärausgaben beruhen hauptsächlich auf Änderungen in den Staatshaushalten und sind mit Kürzungen in sozialen Bereichen wie Gesundheit und Bildung verbunden: mit anderen Worten, Kürzungen der indirekten Löhne der Arbeiterklasse. Dies bringt uns zum nächsten Punkt.

4. Die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse werden schwieriger: Inflation und Zinsen steigen, die Spekulation mit Wohnraum erdrückt die Arbeiterklasse, und der gewerkschaftliche Kampf der Arbeiter ist noch nicht in der Lage, die Löhne im Gleichschritt mit den steigenden Lebenshaltungskosten zu erhöhen. Die Fähigkeit des Imperialismus, Schichten der Arbeiterklasse zu kaufen und zu integrieren, wird drastisch reduziert, was einen Prozess der allgemeinen Proletarisierung auslöst, der sich in vielen Bereichen manifestiert, nicht nur in den Lebensbedingungen, sondern auch im Verlust der Autonomie am Arbeitsplatz, der Ausweitung bei gleichzeitiger Proletarisierung von zuvor exklusiven kleinbürgerlichen Berufen usw. Diese Verschärfung der Lebensbedingungen provoziert Ausbrüche und Revolten, die sich mit den verschiedenen demokratischen (Frauenrechte, LGBT-Community) und politischen Protesten (wie den Palästina-Solidaritätsprotesten) überschneiden. Dies macht es der Finanzoligarchie schwer, die relativ stabile und unkomplizierte Herrschaft fortzusetzen, an die sie sich während des neoliberalen Booms in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren gewöhnt hatte.

5. Also benötigt die Finanzoligarchie eine aggressivere Innenpolitik, um ihre Interessen zu verteidigen: Ihr neues strategisches Mittel ist die Ultrarechte. Diese politische Kraft ist nicht neu und hat seit der Krise von 2008 an Bedeutung gewonnen. Hierin kommt die Tatsache zum Ausdruck, dass immer mehr Teile der mittleren und großen Bourgeoisie in den imperialistischen Ländern auf sie gesetzt haben. Doch erst jetzt wird sie zum wichtigsten strategischen Mittel der westlichen Finanzoligarchie.

Die Ultrarechte erfüllt gleichermaßen die Funktion, Militärausgaben und die Teilnahme an Kriegen zu rechtfertigen und eine populistische Erklärung für das Elend zu liefern, indem Sektoren der Volksschichten wie Migranten und Geschlechterdissidenten9 kriminalisiert werden. Dieser Frontalangriff auf Minderheiten zielt darauf ab, die Widersprüche in der Bevölkerung zu verschärfen und die Umsetzung von Maßnahmen zu erleichtern, die die Arbeit billiger machen, so dass es rentabel wird, Industrien aus den Halbkolonien in die Metropolen zurückzuholen, da erstere möglicherweise instabiler sind oder die Logistikkosten in der Produktionskette erhöhen. Die von der extremen Rechten vorgeschlagene ultraliberale und den Klimawandel leugnende Politik zielt darauf ab, die Gesetzgebung der imperialistischen Länder zu lockern, um die Ausbeutung von Ressourcen und die Herstellung von umweltschädlichen Produkten im eigenen Land zu erleichtern, wodurch auch diese zuvor ausgelagerten Elemente zurückgebracht werden.

In den unterdrückten Ländern ist diese Dynamik ebenfalls zu beobachten, so bei Milei in Argentinien, Bukele in El Salvador oder Noboa in Ecuador und den ultrakonservativen Regimen Osteuropas. Dieser Aufstieg der Ultrarechten ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Stagnation sowie innerer und äußerer Spannungen. Die Wiederwahl von Trump im Herzen des Weltimperialismus und die Entfaltung seiner offen reaktionären Politik ist ein Wendepunkt in dieser Entwicklung.

  1. 4. LAGE IN SPANIEN

In Spanien, wie auch im übrigen Europa, haben rechtsextreme Positionen in den letzten Jahren an Gewicht gewonnen. Mit einem Diskurs ähnlich dem von «Make America Great Again» hat die Oligarchie in unserem Land die liberal-gemäßigte Maske abgelegt, die sie im letzten Jahrzehnt getragen hatte, und macht nun die Einwanderer für das Elend verantwortlich, wobei sie den Zusammenhang zwischen der ihnen aufgezwungenen Armut und der Kriminalität absichtlich ignoriert. Parallel dazu verbreiten die Medien die Vorstellung eines bevorstehenden Krieges mit Russland oder China, um in der Öffentlichkeit eine Rechtfertigung für höhere Militärausgaben zu schaffen. Obwohl der spanische Staat eine sozialdemokratische Regierung hat, kann er sich der Notwendigkeit, sich aufzurüsten und zu militarisieren, nicht entziehen, denn die Sozialdemokratie10, obwohl sie sich als «kleineres Übel» im Dienste der Kapitalisten verkauft, ist nur ein weiterer Vertreter des bürgerlichen Blocks. In der Tat ist der Militärhaushalt im Zeitraum 2020-2023 mit Podemos an der Regierung um sieben Milliarden Euro gestiegen, auch wenn sie jetzt viel Aufhebens um die Frage der Wiederbewaffnung machen. Und es ist so, dass kleinbürgerliche reformistische Parteien wie Sumar11, Podemos12, ERC13, Bildu14, BNG15 oder Compromís16 mehr oder weniger verdeckt die Militarisierung unterstützt haben, um ihren Einfluss zu behaupten17 18, was sie nicht davon abhält, sie dann opportunistisch zu kritisieren, wenn es ihnen passt19.

Die konkrete Analyse zeigt, dass die «europäische Aufrüstung» keine Reaktion auf eine unmittelbare Kriegsdrohung ist, sondern eine Reaktion der europäischen Imperialisten auf die Weigerung der USA, die militärische Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen. Die USA haben sich dafür entschieden, die Ukraine gemeinsam mit Russland aufzuteilen und die Beziehungen zu Russland zu normalisieren, um eine ihrer offenen Fronten zu befrieden und sich auf Taiwan und Palästina zu konzentrieren. Dies wiederum dient dazu, die EU in die von den USA geforderten Positionen zu drängen: Stärkung ihrer militärischen Kapazitäten und Rechtsentwicklung ihrer Regierungen, um dies zu rechtfertigen.

Trotzdem hat die Stärkung des imperialistischen Bündnisses EU für Deutschland, Frankreich oder das Vereinigte Königreich eine unterschiedliche Bedeutung: Ersteres spricht sich für eine beschleunigte Aufrüstung ohne direkte Intervention aus, während die beiden letzteren die unverzügliche Stationierung von Streitkräften in der Ukraine bevorzugen. Darüber hinaus gehen sie von einer inneren Schwäche aus: Die EU wurde als Instrument der wirtschaftlichen Vorherrschaft geboren und verfügt nicht über die geeigneten Mechanismen, um die schwächeren Länder einfach zu einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu zwingen, noch haben die europäischen imperialistischen Mächte einen gemeinsamen Einflussbereich, der ihre Interessen aufeinander abstimmen würde.

Die spanische Oligarchie ist nicht sonderlich an einer beschleunigten Aufrüstung interessiert, weshalb die PSOE20– und SUMAR-Regierung eine Aufstockung des Haushalts mit haushaltspolitischen Manövern kombiniert, um auch Ausgaben in das Verteidigungsbudget einzurechnen, die bisher nicht dazu gezählt wurden (und so die geforderten 2 Prozent zu erreichen, ohne einen einzigen Euro hinzuzufügen).

Diese und andere Spaltungen und Differenzen werden zwischen den Mitgliedsstaaten sichtbarer, aber davon sollten wir uns nicht verwirren lassen. Bei der «europäischen Wiederbewaffnung» geht es den Herrschenden im Wesentlichen darum, im Inneren alles in Reih und Glied zu bringen, ihre Vorherrschaft nach außen zu sichern (im Falle Frankreichs in Afrika, im Falle Deutschlands in Osteuropa) und sich mittelfristig auf eine Eskalation der zwischenimperialistischen Spannungen vorzubereiten. Und daran wird auch Spanien sich beteiligen.

In diesem neuen Kontext hat eine scheinbar fortschrittliche Regierung, die die Widerstandskämpfe vereinnahmt und integriert, damit sie zu Komplizen bei der Verwaltung des kapitalistischen Elends werden, keinen Platz mehr. Es ist notwendig, die Opfer zu legitimieren, die für die imperialistische Nation gebracht werden müssen. Und es ist notwendig, jede Quelle des Widerstands, die sich dagegen stellen könnte, einzuhegen und sogar zu zerschlagen. An diesem Punkt wird die Ultrarechte zum besten Mittel der politischen Strategie für die amerikanische und europäische Finanzoligarchie.

In den imperialistischen Ländern gewinnen Minderheitenparteien der Ultrarechten an Einfluss, Geldmitteln und potentiellen Wählerstimmen; die traditionellen konservativen Parteien radikalisieren sich; die sozialdemokratischen Parteien nehmen lächelnd ihre Rolle als Staatsparteien an, indem sie vor den breiten Arbeitermassen die Notwendigkeit der Aufrüstung rechtfertigen; und da auch sie einen minimalen Anteil an der bürgerlichen Macht halten, erklären die reformistischen Parteien, dass «obwohl es nicht die Welt ist, in der sie gerne leben würden, die nationale Verteidigung gestärkt werden muss». Die Rechtsverschiebung im parlamentarischen Spektrum, die wir in den letzten Jahren beobachten konnten, hat sich beschleunigt. Es ist bemerkenswert, wie der reformistische Pragmatismus21 seine politischen Ansätze verwässert hat, wie seine Machtposition seinen Kretinismus22 immer mehr verstärkt hat. Im Ergebnis beobachten wir im Verlaufe nur eines Jahrzehnts sozialchauvinistische Diskurse in jenen reformistischen Formationen, die die Zentralregierung unterstützen (ERC, SUMAR).

Die Ultrarechte ist ein Instrument der Finanzoligarchie: Sie ermöglicht es, (1) die Massen bereit zu machen, die «notwendigen Opfer» zu akzeptieren, während sie (2) die offeneRepression gegen «Andersdenkende und Unerwünschte» mit rechtlichen und anderen Mitteln legitimiert. Mit der Unterstützung der Algorithmen der sozialen Netzwerke und der großen Medien haben sie eine Offensive der Kriminalisierung gegen Immigranten gestartet, sowie ergänzend dazu, mit der Komplizenschaft der Sozialdemokratie, eine Offensive gegen Geschlechterdissidenten. Dies sind die Prüfsteine für den Angriff auf alle Formen der Dissidenz: LGBT-Gruppen, Feministen, Ökologen, Kommunisten und sogar Progressive. Alles, was «woke» ist. Dies steht im Einklang mit ihrer Rekrutierungskampagne: Ein Rebell zu sein bedeutet [im Sinne der ultrarechten Propaganda, Anm. d. Übers.], sich gegen alle genannten Gruppen zu wenden, die Teil des «Systems» sind. So wird eine gefährliche Massenbasis geschaffen.

Mit anderen Worten, die «europäische Wiederbewaffnung» ist eine Kampagne zur Förderung der Ultrarechten: Eine politische Kraft, die von der Oligarchie finanziert wird und die derzeit vor allem kulturell aktiv ist, um ein Massenbewusstsein zu schaffen, das Einbußen bei den demokratischen Rechten und Freiheiten, eine verstärkte Ausbeutung und Kürzungen bei den sozialen und öffentlichen Diensten akzeptiert; sowie eine mobilisierbare reaktionäre Massenbasis zu schaffen, die mit Unternehmen und Institutionen in einem Netzwerk verflochten ist, um Druck auszuüben.

Für die Schaffung dieser Massenbasis haben die Unternehmen des Technologiesektors, die die wichtigsten sozialen Netzwerke wie Meta (WhatsApp, Instagram und Facebook), Google (YouTube) und Tesla (X, früher Twitter) kontrollieren, und ergänzend die Medien eine besondere Bedeutung. Die sozialen Netzwerke haben als Propagandaorgane für die massenhafte Verbreitung der neuen reaktionären Ideologie gedient und sich dabei der bürgerlichen Presse gegenüber als weit überlegen erwiesen. Auf den bürgerlichen Wahlzirkus haben sie eine deutlich nachweisbare Wirkung entfaltet, insbesondere unter jungen Männern.

Diese Aktivität zieht das gesamte politische Spektrum nach rechts. Während eine ultrarechte Regierung die praktische Umsetzung offen massenfeindlicher Maßnahmen bedeutet, werden dieselben Maßnahmen ohne eine solche Regierung ebenfalls umgesetzt, jedoch nach und nach. Die Massen werden hierdurch gedanklich im Rahmen vom „Mehr war nicht zu erreichen“ und „Wählt mich, um den Faschismus zu stoppen“ gefangen gehalten.

Dieser Prozess umfasst das gesamten parlamentarische Spektrum, in dem die Reihen geschlossen werden, um die imperialistische Hegemonie im In- und Ausland besser sichern zu können.

  1. 5. DIE POSITION DES REVOLUTIONÄREN PROLETARIATS UND DIE AUFGABEN DER KOMMUNISTEN

Die «europäische Wiederbewaffnung» ist die gehorsame Antwort der europäischen Finanzoligarchie auf die Militarisierungsforderungen der US-geführten NATO sowie die erste politische Maßnahme, die ihr von der neuen US-Regierung aufgezwungen wurde und damit als Aushängeschild für die neue Politik dient, welche die Weltsupermacht ihren Verbündeten von nun an diktiert. Es besteht keine unmittelbare Gefahr einer Eskalation des Krieges oder des Faschismus in den imperialistischen Ländern, aber es gibt das Szenario einer schrittweisen Verschärfung der zwischenimperialistischen Spannungen und des Beginns einer Offensive gegen demokratische Rechte und Freiheiten, des Abbaus öffentlicher Dienstleistungen und der Intensivierung der Ausbeutung.

Deshalb sind der Widerstand gegen den imperialistischen Krieg (und seine Umwandlung in einen revolutionären Bürgerkrieg) und die Entwicklung der Fähigkeit, den Faschismus zu bremsen und zu bekämpfen, zwar Themen, die die kommunistische Bewegung vertiefen muss, aber sie sind keineswegs die unmittelbaren Aufgaben, die angegangen werden müssen. Eine solche Herangehensweise bedeutet vielmehr, dem lebensrettenden Diskurs der Sozialdemokratie und des Reformismus den roten Teppich auszurollen, ihnen in ihren erbärmlichen, dem Kapital unterwürfigen Verwaltungen, die die Politik der Oligarchie mit Krokodilstränen ausführen, Luft zu verschaffen und ihnen zu erlauben, ein erneutes Sirenenlied des «Wählt mich, um den Faschismus zu stoppen» anzustimmen. In diesem neuen Kontext wird der Reformismus vom Hauptfeind zu einem wichtigen Nebenfeind, den wir nicht vergessen dürfen, um seinen Einfluss im Kampf gegen den Hauptfeind, den die Ultrarechte darstellt, zu begrenzen.

Wir gehen von einer Situation der Schwäche aus: Die Gewerkschaftsbewegung wird von der Arbeiteraristokratie beherrscht, die Gewerkschaftsbürokratie ist der regierenden Sozialdemokratie untergeordnet, in den städtischen Volksbewegungen versammelt sich nur ein sehr kleiner Teil all derer, die in ihren gesellschaftlichen Schichten kämpfen könnten, und die Kritiker des Reformismus werden von kleinbürgerlichen Perspektiven beherrscht, die sie von den Massen isolieren (unrealistischer Radikalismus, performativer Pazifismus). Wir müssen uns daher mit dem Ansatz befassen, wie wir aus der gegenwärtigen Situation zu einem offenen politischen Kampf gegen die Reaktion gelangen können, der wiederum der ideologischen, politischen und organisatorischen Stärkung der Arbeiterklasse und des Volkes dient und gleichzeitig den bürgerlichen Staat schwächt.

Wir identifizieren drei Achsen des Widerstandskampfes. Alle müssen von den aktuellen, isolierten und lokalen Formen des Kampfes ausgehen, ihre Massivität und Durchschlagskraft erhöhen und den Sprung zum allgemeinen politischen Kampf schaffen:

  1. Der gewerkschaftliche Kampf der Arbeiter gegen die Verschärfung der Ausbeutung in den Betrieben: Wir müssen von der Organisation Betrieb für Betrieb, Komitee für Komitee23 ausgehen, was gegenwärtig die Hauptsache ist. Die kämpfenden Gewerkschaftssektionen müssen die Basis sein, um Druck auf die Gewerkschaftsbürokratie der großen Gewerkschaftsverbände auszuüben. Das Ziel dieses Drucks muss sein, dass die Gewerkschaften Werkzeuge werden, die dem politischen Kampf der Arbeiterklasse und des Volkes dienen, vor allem mittelfristig, mit der Verschärfung der objektiven Lage und des Kampfes, so dass es uns gelingt, sie zu zwingen, das mächtige Werkzeug des Generalstreiks zu entwickeln.
  2. Der Kampf der städtischen Volksbewegungen zur Verteidigung der öffentlichen Dienstleistungen und anderer Forderungen wie dem Zugang zu Wohnraum (die Begrenzung der indirekten Ausbeutung und die Verteidigung der indirekten Löhne), ausgehend von bestehenden Organisationen, einschließlich Nachbarschaftsorganisationen, und aufbauend auf dem Erbe der Mareas [wörtlich: „Flut“, spontane Bewegungen in Spanien seit der Wirtschaftskrise von 2008, Anm.d.Übers.], immer mehr Bevölkerungsschichten in den Kampf einzubeziehen und dabei die konkreten Forderungen (Stoppen bestimmter lokaler Maßnahmen) mit den allgemeinen Forderungen (Stoppen rückschrittlicher Gesetze, neuer Haushalte, die Kürzungen im sozialen Bereich oder fehlende Regulierung wie im Wohnungswesen beinhalten) und dem politischen Kampf gegen die Interessen der Finanzoligarchie zu verbinden.
  3. Der Kampf der Bevölkerung für demokratische Rechte und Freiheiten. Als Speerspitze des reaktionären Diskurses identifizieren wir derzeit die Kriminalisierung von Immigranten und rassifizierten Menschen sowie ergänzend hierzu die Verfolgung von Trans-Personen. Dies ist Teil einer allgemeinen Offensive gegen alle fortschrittlichen Ideen. Die Arbeiterklasse und das Volk müssen die reaktionäre Verfolgung von rassifizierten und transsexuellen Menschen als Teil einer Offensive gegen das gesamte Volk bekämpfen. Die Selbstverteidigung des Volkes wird spontan durch spezifische Kollektive organisiert werden. Aber wir müssen auch darauf drängen, dass die Perspektive in den Arbeiter- und Volksorganisationen diese Forderungen als Teil eines allgemeinen Kampfes gegen eine offenere und gröbere Form der Diktatur des Kapitals aufgreift.

Der Kampf für Forderungen entsteht spontan, aber sein naturwüchsiges Resultat auf Bewusstseinsebene ist die reformistische Perspektive: diesen oder jenen schädlichen Aspekt des gegenwärtigen Systems zu ändern, was innerhalb einer gewissen Zeitspanne machbar erscheint. Gerade an diesem Punkt führen parlamentarische Initiativen, die Spielchen verschiedener Opportunisten, der Einfluss des sozialdemokratischen Realismus und der enttäuschende Pragmatismus (Possibilismus) des Reformismus den Kampf regelmäßig in wohlbekannte Sackgassen.

Es ist daher die Aufgabe der Kommunisten, sich um die Strukturierung der verschiedenen Bewusstseinsstufen zu kümmern, die sich im Kampf herausbilden. Was die am weitesten fortgeschrittenen Mitglieder der Klasse und des Volkes betrifft, so müssen wir verhindern, dass ihre Ablehnung des Reformismus sie in die Isolation von der großen Masse führt, die noch stark von den «linken» Perspektiven der Bourgeoisie beeinflusst ist. Die Bildung von Organisationen für die Kämpfe um bestimmte Forderungen, deren Haupttätigkeit die Fundamentalkritik am Kapitalismus ist, verengt diese Organisationen und überlässt die breiten Massen dem Einfluss der Bourgeoisie. Das genaue Gegenteil ist gefragt: Die fortschrittlichsten Elemente müssen Organisatoren der breiten Massen und Propagandisten der revolutionären Ideen für die fortgeschrittensten Schichten der Massen sein. Die Kampforganisationen müssen in sich selbst Schulen des Sozialismus und Schulen des Kampfes sein.

Nur durch eine wirksame Agitation gegen die volksfeindlichen Maßnahmen der bürgerlichen Rechten und die heuchlerischen Behauptungen der reformistischen und sozialdemokratischen Linken können die Arbeiter- und Volksorganisationen einen Durchbruch im Bewusstsein der Menschen erzielen. Politische Bildung muss zu einem grundlegenden Bestandteil der internen Dynamik solcher Organisationen werden, um die neuen Mitglieder ihrer Kollektive zu erziehen und zu schulen.

In Ermangelung einer solchen wirksamen Agitation, die die Dinge klarstellt und die Probleme der Massen aus der Sicht der Arbeiterklasse erklärt (und nicht nur einen allgemeinen antikapitalistischen Diskurs abliefert), werden die volksfeindlichen Maßnahmen und die Vernachlässigung der Arbeiterklasse durch den bürgerlichen Block in Diskurse der Ultrarechten kanalisiert.

Ziel der Agitation und der politischen Bildung der Arbeiterorganisationen muss es sein, mit der opportunistischen Ideologie der Bourgeoisie zu brechen, die ihre fortschrittliche Maske nach Bedarf auf- und absetzt. An ihrer Stelle gilt es, eine Klassenpolitik zu betreiben, die die Interessen der Klasse in den Vordergrund stellt, die den Menschen in ihrem Kampf dient und die in der Lage ist, eine revolutionäre Perspektive zu vermitteln, wenn sich die Situation verschlechtert und der Bewusstseinsgrad der Arbeiterklasse und des Volkes ausreichend fortgeschritten ist. So kann es konkret gelingen, von einer defätistischen Logik der Verteidigung des geringeren Übels bis zum Tod zu einer Logik des Angriffs überzugehen, die sich nicht mehr auf faule Kompromisse einlässt.

Der Fortschritt der Organisations- und Kampfkraft der Arbeiterklasse und des Volkes wird eng mit der Entwicklung der revolutionären Bewegung verbunden sein. Diese ist per Definition der konsequenteste und unverzichtbarste Teil des Kampfes der Arbeiter und des Volkes. Und notwendigerweise werden seine aufopferungsvollsten, fähigsten und bewusstesten Mitglieder den Generalstab des Proletariats für seinen Kampf gegen die Bourgeoisie zur Beendigung aller Formen von Ausbeutung und Unterdrückung bilden. Dieser Generalstab ist die Kommunistische Partei. Eine Organisation, die sich aus den engagiertesten und bewusstesten Menschen im Kampf innerhalb der Arbeiterbewegung und der sozialen Kämpfe speist.

Die angespannte Situation, in der wir heute leben, weist große Ähnlichkeiten mit den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts auf, als die Spannungen zwischen den Imperialisten zu brodeln begannen, den beherrschten Ländern eine Kanonenbootdiplomatie aufgezwungen wurde und die verschiedenen nationalen Kapitalistenklassen begierig auf die koloniale Vorherrschaft ihrer Rivalen schielten. Diese Situation führte fünfzehn Jahre später zum Ersten Weltkrieg. Leider leben wir heute in einer Situation, in der die internationale kommunistische Bewegung schwächer und die Arbeiterklasse weniger organisiert ist als damals. Wir dürfen nicht in den Zyklus des «kleineren Übels» und des «Stoppens des Faschismus an der Wahlurne» verfallen, sondern müssen die Massenorganisationen stärken, die Kommunistische Partei wieder aufbauen und wie die Bolschewiki 1917 in der Lage sein, den imperialistischen Krieg, wenn er kommt, in eine Revolution umzuwandeln.

Übersetzung aus dem Spanischen aus: Revolución, Zeitung der Revolutionären Arbeiterpartei Spaniens (Partido revolucionario de los trabajadores)
https://revolucion-prt.es/rearme-europa-2025/


1 https://www.descifrandolaguerra.es/europa-no-puede-sustituir-ayuda-estadounidense-ucrania

2 https://www.descifrandolaguerra.es/von-der-leyen-rearme-europeo-800-mil-millones/

3 https://www.gov.uk/government/news/prime-minister-sets-out-biggest-sustained-increase-in-defence-spending-since-the-cold-war-protecting-british-people-in-new-era-for-national-security

4 https://apnews.com/article/germany-ukraine-debt-brake-economy-military-spending-74be8e96d8515ddddd53a99a69957651

5 https://www.bbc.com/news/world-europe-64346218

6 https://www.kyivpost.com/post/48997

7 https://www.france24.com/en/live-news/20250316-spurred-by-trump-turnabout-european-nations-debate-conscription

8 https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/poland-spend-5-gdp-defence-2025-says-foreign-minister-2024-07-13/

9 Der Begriff „Geschlechterdissident“ (Disidente de género) ist eine im Spanischen gebräuchliche Bezeichnung für alle Personen, die „nicht 100 % cis“ sind. Vgl. https://lgbt.fandom.com/es/wiki/Disidente_de_Género

10 https://www.publico.es/politica/gasta-espana-defensa-aumentado-presupuesto-anos.html

11 Movimiento Sumar, 2023 gegründete linke Partei, aktuell Koalitionspartner der PSOE in der spanischen Regierung.

12 Podemos (dt. „Wir können“), 2014 gegründete Partei, früherer Koalitionspartner der PSOE.

13 Esquerra Republicana de Catalunya („Republikanische Linke Kataloniens“), sozialdemokratische Regionalpartei.

14 Bildu (baskisch für „Versammelt“), baskisches sozialistisches Wahlbündnis.

15 Bloque Nacionalista Galego (dt. „Galicischer Nationalistischer Block“), Linkes Parteienbündnis aus der Region Galicien.

16 Coalició Compromís (dt. „Koalition Kompromiss“), Bündnis linker Parteien aus der Region Valencia.

17 https://x.com/ElHuffPost/status/1900149173342609631

18 https://x.com/ionebelarra/status/1899843438683500700

19 https://elpais.com/espana/2025-03-20/sumar-se-desmarca-del-psoe-y-vota-en-contra-del-rearme-europeo-y-por-la-salida-de-la-otan.html

20 Partido Socialista Obrero Español (Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens), spanische Regierungspartei, geführt von Ministerpräsident Pedro Sánchez.

21 Im Original: „Possibilismus“ (posibilismo).

22 Der Begriff „parlamentarischer Kretinismus“ wurde von Karl Marx in seiner Schrift „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ verwendet: Und es gehörte jene eigentümliche Krankheit dazu, die seit 1848 auf dem ganzen Kontinent grassiert hat, der parlamentarische Kretinismus, der die Angesteckten in eine eingebildete Welt festbannt und ihnen allen Sinn, alle Erinnerung, alles Verständnis für die rauhe Außenwelt raubt …“, MEW 8, S. 173

23 Auf Spanisch comité de empresa, etwa Unternehmenskomitee/Unternehmensausschuss. Organ, in das Vertreter:innen der Arbeiter:innenschaft gewählt werden, ähnlich wie im deutschen Betriebsrat.